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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Haberfeld, Hugo: Deutsch-Böhmische Kunst: Auf der Reichenberger Ausstellung Mai-Oktober 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0145

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Architekt JOSEF ZASCHE. Kuppelbau des Kunsthauses auf der Reichenberger Ausstellung.

DEUTSCH-BÖHMISCHE KUNST

AUF DER RETCHENBERGER AUSSTELLUNG MAI—OKTOBER 1906

Die im Frühling dieses Jahres eröffnete
deutsch - böhmische Ausstellung in
Reichenberg ist ein gewaltiges Dokument
der deutschen Arbeit in Böhmen. Mit Staunen
und Bewunderung sieht man hier ungeheure
Kräfte am Werke und empfängt den Ein-
druck so angestrengten Produzierens, wie ihn
mit gleicher Macht nur die rheinischen oder
englischen Industriebezirke gewähren. Auf
dem Wege zwischen den im hügeligen Ge-
lände reizvoll verstreuten Hallen und Pavillons
ruht der Blick gerne in einer freundlichen
Natur aus. Den Horizont umsäumt das
Gebirge, in engerem Kreise zieht grüner
Hochwald und tief unten lockt die Talsperre
wie der schimmernde Spiegel eines Sees.
Der Fleiß deutscher Hände und die Schönheit
deutscher Erde verschwistern sich zu einem
unvergeßlichen Bilde, an dem sich die große
Menge von Herzen genug sein läßt.

Wer aber aus Neigung oder Beruf der

Frage nachgeht, ob und wie sich die wirkenden
Elemente des Lebens in künstlerische Form
umsetzen, wird in Reichenberg zunächst
bitter enttäuscht. Das Problem der Aus-
stellungsarchitektur ist einfach genug: der
kurzen Existenz des Baus muß das gewählte
Material entsprechen, aus dessen unverhülltem
Charakter Konstruktion und Dekor hervor-
gehen sollen, wobei der Architekt, dem Re-
klamzwecke gemäß, zu den stärksten Mitteln
greifen darf, wenn er sie nur ehrlich bekennt
und ausdrückt. Auf den letzten europäischen
Ausstellungen war manche Leistung in dieser
Hinsicht bemerkenswert. In Reichenberg ist
nichts davon zu sehen. Die von dem Wiener
Professor Fabiani entworfenen Bauten sind
Ausstellungsarchitektur im typisch schlechten
Sinne, weil sie Wirkungen fürstlicher Marmor-
paläste in gemeinem Material und auf derbe
Weise vortäuschen. Überall ein billiges Ge-
flunker mit verbrauchten Effekten, aus dem

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