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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Haberfeld, Hugo: Deutsch-Böhmische Kunst: Auf der Reichenberger Ausstellung Mai-Oktober 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0165

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Deutsch-böhmische Kirnst.

tektur und Plastik, wobei die Plastik dem
mütterlichen Boden der Architektur, als
dem Wesen nach gleiche, nur zarter orga-
nisierte Tochterblüte entwachsen soll. Seine
Architekturen, die
ungezählte Blätter
seiner Skizzenbücher
füllen, sind gewaltige
Tempel, Hallen, Grab-
denkmäler, eine feier-
liche Kunst reiner
Formen, eine Har-
monie großer Ver-
hältnisse , eine er-
habene, von iedem
kleinen Zweck ent-
bundene Kompo-
sition , ein Kräfte-
spiel statischer Be-
ziehungen, die nackte
Schönheit aufeinander
getürmter Quader-
steine. Wie seine
Architektur so ist
auch seine Plastik
Symbol des Lebens,
kein Abbild der Na-
tur, nicht deren Man-
nigfaltigkeit an For-
men bietend, sondern
eine Reduktion aufs
Entscheidende, eine
Vereinfachung ins
Große. Und wie seine
Architektur und Pla-
stik, so ist auch der
gedankliche Gehalt
seiner Werke ein
heroischer und feier-
licher , den letzten
Dingen zugeneigt,
den großen, das Da-
sein beherrschenden
Gewalten und dem

heiligen Sinn des Lebens dienstbar. Am
liebsten möchte er einen mit Figuren ge-
schmückten Tempel erbauen, zu dem die
Menschen aus den dumpfen Niederungen
des Alltags hinaufwallen, um durch den Adel

KARL KRATTNER—PRAG.

der Schönheit geläutert heimzukehren. —
Doch das sind Träume. Franz Metzner
möchte sie verwirklichen, wenn er ein König,
nicht nur ein Künstler wäre, ein Künstler
überdies, der als ge-
borener Monumental-
plastiker mehr als
jeder andere von der
Gesinnung und dem
Willen der Mitwelt
abhängt. Und sie
hat es denn auch ver-
schuldet, daß Entwurf
blieb, was er durch
lange Jahre leisten
konnte. Er schuf
ein Richard Wagner-
Denkmal für Berlin:
ein wunderbar har-
monisches Halbrund
wächst in der Mitte
in einen Sockel aus,
auf dem in einem
Sessel, in der linken
Hand ein Notenheft,
der hohe Meister ver-
sunken sitzt, in sich
hineinhorchend, wo
die Melodien des
Weltwerdens u.Welt-
vergehens geheimnis-
voll erklingen; auf
den beiden Enden
des Halbrunds, die
sich zu Flächen er-
weitern, wachsen die
Gestalten der Unrast,
des Schmerzes, der
Erregung, des Trau-
mes, der Verzückung
und Versunkenheit
aus dem Stein, die
Ursachen und Wir-
kungen Wagnerscher
Musik. Er schuf ein Denkmal der Kaiserin
Elisabeth für Wien: auf acht emporführenden
Stufen ruht ein gewaltiger Steinblock, aus
dem Menschen wachsen, sich arg bedrückend,
sich warm nähernd, ein Spiegel des wirren

159

Gemälde: Petras.
 
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