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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Wolff, Fritz: Bildhauer J. Bossard, Friedenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0176

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Dr. Fritz Wo/ff:

entsprungen ist. Wie so viele heutige
Künstler ist Bossard ein Experimentierer,
aber auch das wieder in einem andern Sinn.
Nicht auf die Weise, in der seit nun zwanzig
Jahren die deutschen Maler Experimentierer
sind, die zu keinem Ende und Zusammen-
fassen, zu keiner Brücke kommen, die zum
geistigen Inhalt führt. Hier bei ihm ist der
Zusammenschluß vorhanden, wenn ich auch
nicht sagen will, daß ihm die Bewältigung
eines Gedankenkomplexes wie der der Riesen-
gruppe: »das Leben« vollkommen gelungen
ist, aber das Ganze trägt einen so gewaltigen
Ausdruck, einzelne Teile sind so wunder-
volle Formungen der Empfindung, vor allem
die beiden Gruppen des Werdens und Ver-
gehens, daß man sich sagt, daß die Kluft
nur ganz gering ist, über die ihn die Kraft
nicht getragen hat. Hier liegt eine Sprung-
kraft der Phantasie, deren Wachsen man
noch fühlt und vielleicht ist es mehr des
Beschauers als des Künstlers Verschulden,
wenn ein unklarer Rest bleibt.

Einen vollkommen neuen Weg hat
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Bossard mit seinen Versuchen eingeschlagen,
die Wirkung der Fayence mit fließenden
Glasuren zur Monumentalität zu steigern und
gerade hier ist ihm der denkbar größte Er-
folg mit einem Satz gelungen. Von der
polychromen Pracht der Körper von Mann,
Weib und Kindern an den beiden, eben ge-
nannten Gruppen, geben die Reproduktionen
leider keine Vorstellung. Ich wünschte,
Bossard käme auf diesem Gebiet zur Aus-
führung einer großen Aufgabe. Zwischen
diesen Gruppen und der von Mutter und
Kind liegen die zartesten und gewaltigsten
Abstufungen. Diese monumentale Keramik
müßte, sollte ich meinen, eine Zukunft haben
und würde vor allen Dingen dem Architekten
ein ganz neues Mittel an die Hand geben.

Mit wenigen teilt Bossard das Glück,
daß sich ihm schon einmal an einem großen
Auftrag die Möglichkeit eröffnet hat, sein
Können breiter zu entfalten. Es war das
Mausoleum einer Berliner Familie auf dem
Georgenkirchhof im Nordosten der Stadt.
Der Friedhof selbst ist denkbar trostlos, nur
 
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