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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Zimmermann, Ernst Heinrich: Was nun?: Betrachtungen nach Schluss der Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0178

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WAS NUN?

BETRACHTUNGEN NACH SCHLUSS DER DRESDNER KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG.

Die Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung
hat nun ihre Tore, die einen ganzen
Sommer hindurch jeden Freund der Kunst
zum Studium oder zum Genuß in ihre Räume
aufgenommen, endgültig geschlossen. Was
eine lange Tätigkeit in mühevoller Arbeit
zusammengebracht und aufgebaut hat, ist
nun in wenigen Wochen wieder herab-
gerissen und zerstreut. Verschwunden ist da-
mit für alle Zeit, was dieses Jahr in Deutsch-
land ganz ohne Zweifel als die wichtigste
Tat auf dem Gebiete der Kunst gegolten
hat, und niemand weiß, wann wieder eine
ähnliche Veranstaltung wird ins Leben ge-
rufen werden können, die einen gleichen
Uberblick über die ganze junge Bewegung
auf dem Gebiet der angewandten Kunst bei
uns in Deutschland zu geben vermag.

Da gilt es zunächst noch einmal im
Geiste diese ganze Veranstaltung zu über-
blicken und sie als Ganzes zusammenzufassen.
Da gilt es festzustellen, was sie Gutes ge-
bracht und Dauerndes gestiftet hat, vor
allem aber auch zu erkennen, was sie uns
für die Zukunft lehrt, welche Wege sie uns
für die Weiterentwicklung der auf ihr zur
Anschauung gebrachten Kunst weist, nicht
zum wenigsten dann aber auch, auf welchen
Punkten noch deren größte Schwächen be-
ruhen, diejenigen, die bisher als die Haupt-
Hindernisse für ihre Weiterentwicklung zu
gelten haben. Denn nur wenn diese
Schwächen klar bewußt erkannt und ein-
gestanden werden, nur dann vermag der
ganze neue, starke Aufschwung auf dem
Gebiet der dekorativen Kunst, von dem die
Ausstellung ein so glänzendes Zeugnis ab-
gelegt hat, ohne allzu viel Kräfte- und Zeit-
verlust zu jenem schönen Ziele zu gelangen,
das dieser ganzen Bewegung von vornherein
als letztes vorschwebt: die Erzielung einer
wirklich künstlerischen Kultur, die unser
ganzes Volk von oben bis unten und
alle seine Lebens-Äußerungen durchdringt.
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Zunächst muß als völlig klares Resultat
dieser Ausstellung festgestellt werden, daß
das Interesse für dieselbe alle Erwartungen
bei weitem übertroffen hat: Schon die Be-
teiligung der Künstler an derselben überstieg
diese bei weitem. Es mußte in dieser Be-
ziehung sogar vielfach zurückgedämmt, der
Bauplan mehrfach erweitert werden. Noch
überraschender war der Besuch des Publi-
kums: Vereine stellten sich in ganzen Scharen
ein, von den Fachleuten ist so leicht kein
einziger fortgeblieben, Kunstliebhaber fanden
sich in gleicher Anzahl ein und ganz Dresden
versammelte sich in dieser Ausstellung, wie
man es hier bisher noch bei keiner anderen
gesehen hat. Der dauernd starke Besuch
dieser Ausstellung hat alle Fremden über-
rascht. Daß es daneben einige Kreise in
Deutschland gab, die dieser Ausstellung
weniger freundlich gegenüberstanden, daß
sie selbst Schritte unternahmen, um sie an
einflußreichen Stellen als Kliquenmachwerk
und Künstleranmaßung in Mißkredit zu
zu bringen, ist hierbei von keiner Bedeutung,
wie ja auch ihre Anstrengungen keinen
weiteren Erfolg gehabt haben. Sie sind
verhallt, ohne das starke Echo zu finden,
auf das man gehofft hat, und können so
als letzter Notschrei einer Partei gelten,
über die die neue Zeit mit alter Kraft
hinweggeht. Eine wirkliche Gegnerschaft,
die dieser ganzen jungen Bewegung ernst-
lich gefährlich werden könnte, ist durch die
Ausstellung nicht großgezogen worden, sie
wird nun wohl auch schwerlich noch in der
Zukunft erstehen. Also: die Bahn ist frei,
die Kräfte können sich weiter regen, die
Geister sich tummeln, und der Beifall ist
denen gewiß, die diese günstige Lage in
richtiger Weise werden auszunutzen verstehen.

Damit ist ein großes und wichtiges Resul-
tat dieser Ausstellung konstatiert: das fast
völlige Versagen der Gegnerschaft und die
schon ganz allgemein gewordene Sympathie
 
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