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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

DOI Artikel:
Schaukal, Richard von: Die sogenannte "Moderne" Wohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0414

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Die sogenannte ■»moderne«- Wohnung.

zu hausen vorzieht. Die überladenen Fronten
der 80 er Jahre bergen ein kahles Protzenschema
der falschverstandenen Bewegungsfreiheit, die meist
mit vielen Farben beklecksten Fassaden des »neuen
Frühlings« schäkern mit putzigen Fensterrähmchen,
und ihre Eingeweide erfreuen das Auge des Höhen-
wanderers durch einen unwahrscheinlichen Reich-
tum an glänzendem Holzanstrich. In jenen stößt
man auf Schritt und Tritt auf Milchglas-Türen
mit Blumenvasen-Mustern, grüne, rotbraune, vio-
lette und ockergelbe Majolikaöfen mit Sträußchen,
Brünneknoten und Häkelzacken, »holzfarbige«
Gipsgesimse: diese überbieten einander mit blauen
und weißen Kacheln, blechernen Gas»kaminen«,
»stilisierten« Friesen und eingelassenen Schränken,

Schien dort die düstere monumentale Treppe in
eine fürstliche Bildergalerie zu führen, so windet
sie sich hier schwindelnd schmal in einen Turm
empor. Aber die elektrischen Glockcntaster ent-
sprechen allen Anforderungen an die letzten Nou-
veautes des fashionablen Galanteriewarenhändlers,
und das Klosett befindet sich unbefangen —
Koquetterie der Hygiene — im Baderaum. Natür-
lich zieht der Abonnent des »Studio« in die kom-
fortable Wohnung des letzten Klischees. — Es
ist nicht zu sagen, wie ordinär diese »Neuzeit«
auf den geschmackvollen Menschen wirkt. Fast
erscheinen jene Kolosse der Gründerära ihm nun
als Aristokraten, seit er den Unfug dieser Snob-
ästhetik kennen zu lernen bemüßigt gewesen ist.

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H. ABEK1NG—BERLIN.

Druck: Nauck 6t Hartniann-Berlin.

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