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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907

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Deneken, Friedrich: Die Kopenhagener Fayence-Fabrik "Aluminia"
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https://doi.org/10.11588/diglit.6700#0172

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Die Kopenhagener Fayence-Fabrik -»Aluminia«..

DIE KOPENHAGENER FAYENCE-FABRIK „ALUMINIA".

VON FRIEDRICH DENEKEN.

Man weiß auch außerhalb des Kreises der
Chemiker, dag in der Tonerde ein mine-
ralistischer Bestandteil, das Aluminium, enthalten
ist. Für die Begründer der Fayencefabrik, die
1863 in Kopenhagen von einer Aktiengesellschaft
ins Leben gerufen wurde, war es daher nahe-
liegend und sinnvoll, ihrem Unternehmen den
Namen „Aluminia" zu geben. Sechs Jahre später
wurde die Fabrik, deren Leitung dem Ingenieur
und Kaufmann Philip Schou übertragen war,
in die Vorstadt Frederiksberg verlegt, wo die
Gesellschaft ein ausgedehntes Gelände neben
dem dortigen Schloßgarten erworben hatte. Die
Erzeugnisse der Fabrik bestanden in Geschirren
für den täglichen Gebrauch, die keinen Anspruch
auf künstlerische Eigenschaften machten. Nur
versuchsweise strebte man nach Höherem durch
Herstellung einer Art Weichporzellan, eine Fabri-
kation, die jedoch aufgegeben wurde, als die
Aktiengesellschaft 1882 die „Königliche Porzellan-
fabrik" ankaufte und ebenfalls auf ihrem Grund-
stück in Frederiksberg ansiedelte. Ph. Schou
richtete fortan sein ganzes Sinnen und Trachten
auf die Hebung der Porzellanfabrikation. Daß
er und sein künstlerischer Mitarbeiter Professor
Arnold Krog diese Aufgabe auf das glänzendste
gelöst haben, ist allbekannt. Unter der ziel-
bewußten Leitung dieser beiden Männer hat die
dänische Porzellanfabrikation ganz neue Wege
eingeschlagen und der gesamten Porzellan-Er-
zeugung unserer Zeit die Wege gewiesen. Es
ist begreiflich, daß die Erfolge, die das Kopen-
hagener Porzellan in aller Welt errang, die Ur-
heber nicht auf den Gedanken kommen ließen,
auch das Fayencegeschirr künstlerisch zu ge-
stalten. Diese Aufgabe ist erst in neuester Zeit
in Angriff genommen und mit Glück und Geschick
durchgeführt worden.

Als im Jahre 1902 Etatsrat Ph. Schou sich
von seiner vieljährigen umfangreichen Tätigkeit
als Fabrikant und Kaufmann zurückzog, legte er
die Leitung der Porzellanfabrik und der Aluminia
in die jüngeren Hände seines Schwiegersohnes
Frederik Dalgas. Und wie zwanzig Jahre
vorher Schou und Krog das Porzellan technisch
und künstlerisch veredelt hatten, so fühlte sich
nun Dalgas berufen, der Fayence neues Leben
einzuhauchen. Er glaubte, daß die Zeit für
dieses mit Unrecht zurückgeset3te Material ge-
kommen sei und wollte beweisen, daß auch mit

kaolinarmem Ton sich vollgültige künstlerische
Wirkungen erzielen lassen.*)

Dalgas kam damit ohne Zweifel einem Zuge
unserer Zeit entgegen. Wenn man rückschauend
die allgemeine Bewegung der neueren ange-
wandten Kunst prüft, so ist nicht zu verkennen,
daß sie mit unpraktischen, rein dekorativen
Dingen begann und daß erst allmählich der Ge-
brauchszweck mehr zu seinem Recht kam. Die
„dekorative Kunst" hat sich ausgewachsen zu
einer „Nutjkunst", die nicht mehr für das eng-
begrenzte Publikum der Kenner arbeitet, sondern
für die weiten Kreise, die mit künstlerischer
Bildung sich auch höhere Ansprüche an den
Geschmackswert ihres Hausrates angewöhnt haben.

Solchen Ansprüchen wollte Dalgas genügen,
indem er Geschirre herstellte, die Zweckmäßig-
keit mit gefälliger Schönheit verbanden und die
um mäßigen Preis vielen zugänglich gemacht
werden konnten. Den Weg, den er einschlagen
mußte, um zu diesem Ziel zu gelangen, hatten
ihm seine Vorgänger gezeigt: neben sorgfältiger
Prüfung des Materials und seiner Verarbeitung
kam es vor allem darauf an, geeignete künst-
lerische Kräfte zu gewinnen, die imstande waren,
material- und zweckgemäße Formen und Ver-
zierungen zu schaffen.

Die neuen Erzeugnisse der Aluminia sind
nicht Fayencen von der Art der italienischen
Majoliken oder der alten holländischen und
deutschen Fayencen, welche aus meist rötlichem
Töpferton gebrannt und mit deckender Zinnglasur
überzogen sind. Die Aluminia-Fayencen ent-
sprechen ihrer Herstellung und ihrem Aussehen
nach mehr dem englischen und deutschen, mit
durchsichtiger Blei- und Borsäureglasur über-
zogenen „Steingut" des 18. und 19. Jahrhunderts,
das in Deutschland auch wohl „feine Fayence"
genannt wurde. Wie diese Ware, so bestehen
auch die Aluminia-Fayencen aus einem Ton-
material, das im Rohzustande hellgrau und nach
dem Brande leicht-rahmfarbig ist. Die gelbliche
Tönung, die bei dem alten englischen und
deutschen Steingut durch einen färbenden Zusatj
zur Glasur bewirkt wurde, ist die eigene Farbe
des gebrannten Aluminia-Tones. Die natürliche

*) Nach Mitteilung: des Herrn Dalgas empfing; er die erste An-
regung;, die Fayencefabrik zu reorganisieren, von dem durch seine
Schriften über die Geschichte des Handwerks und der Industrie be-
kannten Kopenhagener Prof. Camillus Nyrop, welcher ihm eine alte
Fayenceschüssel zeigte und hinzufügte : »So etwas sollten Sie machen!«

1908. II. 9.
 
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