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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907

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Deneken, Friedrich: Die Kopenhagener Fayence-Fabrik "Aluminia"
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https://doi.org/10.11588/diglit.6700#0178

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Die Kopenhagener Fayence-Fabrik »A/umiuia«

fayence-fabrik » aluminia«—kopenhagen.

dazu verführt, auch dekorative Schaugefäße
herzustellen, „Wandteller", „Wandschüsseln" und
große Ziervasen, die leidigen Erbübel der Renais-
sance, die unsere Kultur immer noch nicht ab-
gestoßen hat. Wollte man in dem keramischen
Inventar der Renaissance nach Gefäßformen
suchen, so wäre es wohl ersprießlicher gewesen,
jene Urnen und Albarellen nachzubilden, die
ehemals in den italienischen Majolika-Töpfereien
für den Bedarf der Apotheken angefertigt wurden.

Eine rein dekorative Verwendung, mit der
man durchaus einverstanden sein kann, hat das
Aluminiafabrikat in Form von Fliesengemälden
für Wandverzierung gefunden. Der erste wohl-
gelungene Versuch dieser Art besteht in einer
Türlünette und einem Wandfries, die Joachim
Petersen für das Vogelhaus im Zoologischen
Garten in Kopenhagen malte nach den Motiven
des dänischen Volksliedes „Im Walde sollte
Gesellschaft sein, bei dem alten Adler". Schau-
gegenstände erfreulicher Art sind ferner kleine,
farbig bemalte Figuren, die seit einiger Zeit
nach Modellen des Bildhauers Harboe ausge-
führt werden. Auch für diese werden die Mo-
tive aus dem Volksleben, aus Sagen, Märchen
und Liedern entnommen. Eine sehr volkstüm-

Fayencef iguren: Pierrot, Harlekin und Columbine.

liehe Gestalt ist z. B. die in Liedern gefeierte
Jungfrau Kirsten Piil, die im Tiergarten bei
Kopenhagen eine Heilquelle entdeckte, welche
nachmals ein vielbesuchter Wallfahrtsort und
Mittelpunkt eines jährlich um Johanni abgehaltenen
Volksfestes und Jahrmarktes wurde. Rein sagen-
haft sind die Figuren des Türmers und seiner
Frau im Dom zu Roskilde „Peer Döver" (d. i.
der „Betäuber") und Kirsten Kimer (d. i. die
„Läuterin"). Endlich hat man Pierrot, Harlekin
und Columbine dargestellt, die Hauptrollen der
Pantomimen, die seit alter Zeit im Sommer-
theater des Tivoligartens in Kopenhagen aufge-
führt werden und noch heutigen Tages Alt und
Jung ergoßen. In ihrer Modellierung sind die
Fayencefiguren nicht von der Feinheit der Por-
zellanfiguren. Man hat mit Absicht auf eine
Durchbildung der Einzelformen verzichtet. Dem
Stoffe entsprechend, aus dem die Figuren ge-
bildet sind, haben sie den Charakter schlichter,
gesunder Derbheit an sich. Und das vierschrötige
Wesen steht diesen volksmäßigen Figuren gut.
Es sind wahrere Typen als die überfeinerten
plastischen Darstellungen aus dem Volksleben,
welche die vornehme Porzellankunst des 18. Jahr-
hunderts hervorbrachte. — f. d.

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