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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Schulze, Otto: Unsere Kunst, die Kunst unserer Zeit
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Pabst, Arthur: Technische Arbeit als Erziehungsmittel: insbesondere ihre Bedeutung für die gewerbliche Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0097

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Menschliches Denken und Fühlen, das Ver-
langen nach Mitteilsamkeit mußte in Farben,
Formen und Zierwerken der Geräte und Waffen
Ausdruck finden. Da reden ornamentale Zeichen
und mystische Gestalten. Die Gegenstände selbst
leben, sind mitteilsam. Das reicht bis in das
Blühen der Renaissance hinein. Die Schrift-
unkundigen haben nur durch ihre Werke ihr
Innenleben bildlich sprechen lassen. Der Weg
bis dahin beanspruchte Jahrtausende. Ziemlich
vollendet dargestellte Lebensformen mußten da
sein, um aus ihnen mit vielen Kürzungen und
Verstümmelungen zu Formen zu gelangen, die
heute unsere Schriftzeichen sind. Und erst mit
der Verallgemeinerung der Schriftsprache hat die
Bildsprache, die Sprache der Gegenstände und
Geräte im allgemeinen nachgelassen. Die Buch-
druckerkunst leitet die neue Zeit ein. Bei der
Obermacht des Wortes in Druck und Schrift, in
Büchern und Zeitungen, verstärkt durch die Ein-
schaltung des Bildes, ist es nur zu natürlich, daß
Wort, Mitteilung, Erzählung und Wissen immer
mehr aus unserer Sachkunst verschwinden.

Wie eine große Erlösung ist es, aus dieser
erzählenden Gerätekunst herausgekommen zu sein.
Wie eine große Verheißung klingt es, wenn wir
von einer Werk- und Sachkunst, von einem Ge-
rätestil sprechen hören. Das umschreibt den
großen Abstand zwischen dem alten und neuen
Kunsthandwerk, zwischen jener und unserer Zeit.

Auch unsere Künstler sind in guter wie
schlechter Auslegung nur Kinder unserer Zeit;
nur mehr vorwärts als rückwärts schauend. Und
in jedem dieser baut sich das Leben so aus, wie
es der Kern des Zeitempfindens bedingt. Wir
können von einem modernen Künstler nicht

schlechthin verlangen, daß er die Welt um sich
vergäße, und damit, daß ein Darwin, ein Nießsche,
ein Haeckel, ja auch ein Wagner, ein Frenssen,
eine Ellen Key und andere der Neuen aus seinem
eigenen Leben schiede.

Wenn wir früher manchmal Hand in Hand
mit der Kunstgeschichte mehr Kulturgeschichte
getrieben hätten, dann würde uns der folgerichtige
Entwicklungsgang der Kunst wie der kunst-
gewerblichen Techniken und Formen als Aus-
fluß des Gesamtlebens eines Volkes besser zum
Bewußtsein gekommen sein. Welche törichte
Furcht besteht heute vor den Neuerern in der
Kunst, als seien sie alle Atheisten, Umstürzler,
Zerstörer. Und doch ist der Künstler alles andere,
nur das nicht. Er ist zum andern auch nicht
einmal Analytiker, Zerstückler, Auflösender. Nein;
er ist Synthetiker, Zusammensetzender, Aufbauen-
der. Er ist Schöpfer und Erhalter eines ewig
Neuen. Aber wiederum nur in Abhängigkeit von
allem sonstigen Geschehen, vom gesamten Leben.

Man befrachte einige Eisenbahnzüge mit den
allermodernsten Dingen der echten angewandten
Kunst aus unserm gesamten Leben, ja unserer
intimsten Räume; packe Autos, Kandelaber dazu
und bringe das alles, einschließlich einiger
Schnellzugslokomotiven und einiger Waggons,
auf eins unserer neueren erstklassigen Kriegs-
schiffe! — — — — es würde alles wunderbar zu-
sammenstimmen! Das ist Niederschlag, Harmonie
des eigentlichen Lebens. Das ist Spontanität der
Gesamtfunktion von Zivilisation und Kultur nicht
eines Volkes, sondern der Kulturvölker des Erd-
balles als Ergebnis des Völkerringens.

- — — Die Kunst, die wir haben, ist die
Kunst unserer Zeit! o. sch.

TECHNISCHE ARBEIT ALS ERZIEHUNGSMITTEL

INSBESONDERE IHRE BEDEUTUNG FÜR DIE GEWERBLICHE ERZIEHUNG.

von direktor dr- a. pabst leipzig.

Erst in neuerer Zeit ist die Forderung nach
einer systematischen und schulmäßigen
Ausbildung für die gewerblichen Berufe auf-
gestellt worden; bis dahin begnügte man sich
fast allgemein mit dem Institute der Hand-
werks- oder Zunftlehre. Um die Anfänge
dieser uralten Einrichtung aufzufinden, muß
man bis auf die vorgeschichtliche Zeit zu-
rückgehen.

Mit dem Augenblicke, in dem das erste
Werkzeug geschaffen wurde, setzt auch die
menschliche Kultur ein, sodaß man mit Recht

sagen kann, die Erfindung und der Gebrauch
des ersten Werkzeuges hat die ganze Menschen-
entwickelung ins Rollen gebracht. Die ur-
geschichtlichen Funde geben uns genaue Auf-
schlüsse darüber, welcher Art die ersten
Werkzeuge gewesen sind. Es waren Stein-
splitter, Knochen, Horn- und Holzstücke, die
als Hammer, Bohrer, Pfriem, Meißel und
Schaber dienten und je nach Bedarf als
Werkzeug oder auch . als Waffe verwendet
wurden. Aus dem roh zugeschlagenen Stein-
stück entwickelte sich allmählich die feinge-

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