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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Vetterlein: Hessische Landes-Ausstellung für freie und angewandte Kunst, Darmstadt 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0232

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Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt ig08.

Blick gegen das Haupt-Gebäude vom »Platanenhain« aus.

reservoirs errichteten Baugruppe den künst-
lerischen Mittelpunkt der diesjährigen Aus-
stellung. Das »Gebäude für freie Kunst«,
von Professor Olbrich entworfen und vom
Stadtbauamt unter Leitung des Bauinspektors
A. Buxbaum ausgeführt, wird als dauerndes
Ausstellungsgebäude der Stadt erhalten bleiben,
eine ideale Stätte, die in Zukunft noch oft
den Schauplatz künstlerischer Vorführungen
bilden wird. Herrlich ist der Bau in seine
Umgebung hineingedichtet. Den Zugang bildet
der stimmungsvolle »Platanenhain«, dessen
Baumabstände und Kronenhöhe so feinfühlig
abgewogen sind, daß er als Vorhof zu den
Hallen der Kunst die Seelen in die gehobene
Stimmung zu versetzen vermag, die zum
Mitempfinden von Kunstwerken vorausgesetzt
werden muß. Vor seinem östlichen Rande
erhebt sich auf dem hohen, durch das Reservoir
gebildeten Unterbau die mächtige Baugruppe,
die linker Hand von dem Turm, rechts von
einem köstlich mit Mosaiken geschmückten
Pavillon begrenzt wird. In allmählicher
Steigerung führen Treppen reizvoll und natürlich
empor, daß man in der Fülle der Bilder die
Mühe des Steigens vergißt. Auf einer Terrasse
vor dem marmorgeschmückten Hauptportal
genießt man einen selten schönen Rück- und
Ausblick. Auch dieser ist geeignet, die für

den Kunstgenuß notwendige Erhebung der
Seele zu steigern. Die durch unsichtbare
Lichtöffnungen erleuchtete Vorhalle mit der
grauen Eichenholztäfelung vermittelt abermals
eine Vorbereitung der Stimmung, diesmal für
die farbigen Eindrücke, die durch die aus-
gestellten Bilder, der eigentlichen Schauobjekte
geboten werden. In dieser kunstvollen Be-
herrschung der Stimmung ist Olbrich ein
Meister, und danach muß er auch beurteilt
werden. Für akademisch geschulte Augen,
für Verstandesmenschen, die an manchen
Einzelheiten des Materials und der ungewohnten
Form haften werden, bietet Olbrichs Architektur
manchen Anlaß zur Kritik. Und doch ver-
steht er wie wenig andere »Architekturbilder«
in prächtiger Harmonie zu schaffen, die zu
malerischer Wiedergabe reizen, und die damit
den Beweis erbringen, daß sie auf unsre
Seelen künstlerische Reize ausüben, Stimmung
erwecken, Kunstgenuß vermitteln.

Die drei großen Säle des Inneren, die für
wechselnde Ausstellungen auch eine wahlweise
Erhellung durch Seiten- oder Oberlicht erfahren
können, sind jetzt von der »Freien Kunst«, der
Malerei und Plastik, eingenommen. Eine
auserlesene Sammlung hervorragender Meister-
werke hinterläßt hier von der Hessischen
Malkunst einen hohen Eindruck. Ein feines

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