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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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L.: Der Deutsche Werkbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0351

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Der Deutsche Werkbund.

DER DEUTSCHE WERKBUND.

Die Erkenntnis, »daß die kunstgewerbliche
Reformbewegung endgültig aus dem
Stadium der Ideen-Propaganda heraus- und als
Problem der gewerblichen Arbeit hervortreten,
daß sie als Aufgabe einer zweckmäßigen Or-
ganisation vorhandener künstlerischer und ge-
werblicher Kräfte verstanden werden müsse«,
führte im Oktober vorigen Jahres zur Gründung
des »Deutschen Werkbundes«. Und wie
der Zusammenschluß zu dieser Vereinigung
dem Zeitbedürfnisse entsprach, so glauben wir
ihrem Programm entnehmen zu dürfen, daß
hier eine wertvolle Hilfskraft erstanden ist zur
Steigerung der Qualität der deutschen
Industrie und damit zugleich der Konkurrenz-
fähigkeit auf dem internationalen Markt.

Aus den anfänglichen programmatischen
Ausführungen des Werkbundes haben sich nun
folgende Leitsätze kristallisiert:

1. Der Bund führt den Namen »Deutscher
Werkbund«.

2. Das Ziel des Bundes ist die Verede-
lung der gewerblichen Arbeit.

3. Die Mittel des Bundes zur Erreichung
dieses Zieles sind Propaganda und Or-
ganisation, insbesondere:

a) geschlossene Stellungnahme zu ein-
schlägigen öffentlichen Fragen;

b) Förderung fruchtbaren Zusammen-
wirkens von Kunst, Industrie
und Handwerk zur Steigerung
der Güte ihrer Arbeit;

c) Schaffung eines Mittelpunktes für fach-
liche Bearbeitung und schriftstellerische
Vertretung des Bundeszieles;

d) Verpflichtung der Mitglieder selbst zur
Leistung guter Arbeit;

e) Maßnahmen zur Hebung des Verständ-
nisses für gute Arbeit;

f) Beeinflussung der Jugenderziehung,
vor allem der Erziehung des
gewerblichen Nachwuchses;

g) Einwirkung auf den Handel, das
Submissionswesen und das Sach-
verständigenwesen im Sinne des
Bundeszieles.

4. Mitglieder des Bundes können sein:
Künstler, Gewerbetreibende (Fir-
men der Industrie und des Handwerks)
und Sachverständige.

5. Die Aufnahme von Mitgliedern unterliegt
der Entscheidung des erwählten Aus-
schusses.

Das Wesentliche des Programms ist, wie
betont wird, die geschlossene Stellungnahme
von Künstlern, Gewerbetreibenden und
Sachverständigen. Die Idee der Ver-
einigung dieser drei Gruppen war auch der
Kernpunkt einer Anregung, die im Jahre 1901
der Herausgeber Alexander Koch in einem
Artikel des Juni-Heftes 1901 S. 441—446
dieser Zeitschrift gab, als er dringend die
Errichtung einer »Zentrale« des Kunst-
gewerbes für diesen großen Zweig nationalen
Schaffens forderte. Aus dem Kreise der
schaffenden Künstler sollte diese In-
stitution hervorwachsen und sich durch Wahl
und Kooptation ergänzen. In ihr sollten sich
die richtunggebenden Künstler zusammen-
finden mit angesehenen Vertretern der Indu-
strie, des Handwerks und der Literatur.

Diese »fachmäßige Körperschaft und
kunstgewerbliche Reichs-Instanz« sollte
mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet
sein, Einfluß auf die einheitliche Gestaltung
des kunstgewerblichen Unterrichtswesens, auf
die Errichtung von Lehrwerkstätten, den
Zeichen-Unterricht in den Schulen, die Reform
des Ausstellungswesens gewinnen. Sollte ferner
mit entscheidendem Nachdrucke an die Regie-
rungen und Parlamente mit Anregungen heran-
treten und große Gesamt-Aktionen der kunst-
gewerblichen Welt Deutschlands in die Wege
leiten, die sonst unterbleiben müßten, weil
es eben an einer solchen allgemeinen Zentrale
gebricht.

Der Wunsch: »es möchten diese An-
regungen bei zweckmäßiger Ausbildung und
Weiterbildung in nicht allzu ferner Zeit einem
greifbaren Resultat zugeführt werden«, ist
somit nach sechs Jahren zum größten Teile
glücklich realisiert worden. Mit dem Ver-
trauen, daß der »Deutsche Werkbund« be-
strebt sein wird, sein umfassendes Programm
auch völlig in die Tat umzusetzen, verbinden
wir die Hoffnung, daß noch manche der An-
regungen und Ideen des Herausgebers, der
sich auch große Verdienste um das heutige
Ausstellungswesen*) erworben hat, zu er-
sprießlicher und befruchtender Wirkung ge-
langen möchten. — l.

*) Vergleiche »Deutsche Kunst und Dekoration«: Jahrg. 1901
S. 28 im Anschluß an die Pariser Welt - Ausstellung »Reformen im
Ausstellungswesen«. Jahrg. 1901 S. 537 »Der deutsche Kunstgewerbe-
tag«. Jahrg 1902 S. 519 »Erste Eindrücke von der Turiner Aus-
stellung«. Jahrg. 1903 S. 305 »Reformen im Ausstellungswesen und
die Vertretung deutscher Kunst in St. Louis«. Jahrg. 1904 S. 194 »Vor-
führung der für St. Louis bestimmten Ausstellungswerke«. Jahrg. 1906
s. 609 »Anregungen und Vorschläge zur Erweiterung des Programmes
unserer kunstgewerblichen Ausstellungen«, sowie in Monographie VII
»Die Ausstellung der Darmstädter Künstler-Kolonie« 1 u. ff.

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