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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Koch, Alexander: Nachruf Joseph M. Olbirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0416

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allen Dingen auch fein eigenes, umfaffen bie Summe feiner künftlerifchen Arbeit ber bamaligen 3eit, aus
ber Darmftabfs Ruhm herporging. Die »erfte Darmftäbter Ausftellung«, über welche bie »Deutfche Kunft unb
Dekoration«-foroie bas Sonberwerk »6in Dokument beutfcher Kunft« am ausführlichften in Bilb unb Wort
berichteten, fchuf bas eigentliche Funbament für bie neue Raum kunft in Deutfchlanb.

Hiernach floffen Prof. Olbrich zahlreiche Aufträge zu; bie »ITJatbilbenhöhe« trägt eine ganze Reihe
feiner Bauten, barunter bas Doppelhaus Stabe unb bie für bie zweite Darmftäbter flusftellung 1904
gefchaffene »Dreirjäufergruppe«. Im felben fahre trar er, unterftüßt Dom gefamten heffifchen Kunftgewerbe,
bei ber DJeltausftellung in St. Couis wohl unftreitig ber erfolgreichfte beutfche Raumkünftler.

Huf ber »6artenbau=Ausftellung« zu Darmftabt 1905 war ihm bie Aufteilung bes großen Parterres
anoertraut; feine oertieft liegenben »Farbengärten«, auf ber gleichen flusftellung, finb bis heute erhalfen
geblieben. — 1907 zeigte uns Olbrich auf ber »Kunftausfteilung zu Köln am Rhein« in feinem
»Der Frauen Rofenhof« eine ganz eigenartig märchenhafte Schöpfung. Die Fertigftellung feines bisher
größten Bauwerkes, bes Kunft aus ftellungs = 6ebäubes mit bem oon ber Stabt Darmftabt geftifteten
»fjochzeitsfurme« auf ber biesjährigen fjeffifchen Canbesausftellung (Dergl. D. K. u. D. Juliheft 190S
S. 214—222), konnte er noch erleben, nicht fah er mehr bie auf bem Cuifenplaße im Beifein bes 6roßher-
zogs pon fjeffen DOr Kurzem enthüllten beiben lüonumentalbrunnen.

Der Riefenbau bes »Warenhaus Tief}« zu Düffelborf, für welchen er aus einem Wettbewerb heraus
Sieger blieb, perhinberte ihn, an ber biesjährigen »fjeffifchen Canbesausftellung« fich umfaffenber auf
bem öebiete ber Raumkunft zu beteiligen. Was bort an wenigen befcheibenen Ceiftungen oon ihm gezeigt
wirb, hat ihn fchwerlich zum Derantwortlichen Urheber; benn bas (ft nur fogenannte fltelierarbeit. ITur
feine 6egner können fein Konto bamit belaften.

Bei ber Fülle ber oon Prof. Olbrich geleifteten Arbeit barf es uns nicht wunber nehmen, wenn
ber künftlerifche Wert barin ein fchwankenber ift. IDas er geleiftet hat, bas geht faft über JITenfchenkraft
hinaus, — unb barunter muß auf bie Dauer felbft ber ftärkfte Organismus leiben — benn auf knapp ein Jarjr-
zehnt konzentriert fich bas, was wir als bas »Cebenswerk« biefes feltenen Künftlers in Obhut zu nehmen
haben. Dieles ift barin, bas fo ooller Schönheit ift, baß wir nicht umhin können, es als ein großes
üermächtnis an uns treu zu hüten. Sein Wiener Blut war ein erfrifchenber einfchlag für uns; feine
Cebensfreube, feine Eleganz unb künftlerifche Überzeugung in allen feinen Schöpfungen halfen uns im
Kampf gegen alle banale Sentimentalität unb platte Schöntuerei. Olbrich war eine Perfönlichkeit, bie zwar
fchwer zu behanbeln war, aber boch wieberum Diele aus feinen Kreifen mächtig anzog. Unter bem Schuße
feines ihm fo fehr geneigten 6önners, öroßberzog Crnft Cubwig, ber nun mit an feiner Bahre trauert,
war es ihm pergönnt, überall feine Ibeen unb Pläne burchzufehen.

3ahlreiche Schüler werben ihrem ITfeifter Dankbarkeit unb Treue bewahren. £s mag nicht gut fein,
baß er ihre Perfönlichkeit unferbrückte, baß fie nunmehr alle in feinem Seifte fchaffen. Doch beffer fo,
als wenn wir wieber in ben alten Schienbrian zurückfielen, ber in Selbftgefälllgkeit wieber bie beutfche
Stube unb ihren Schnörkelkram aufleben ließe. Olbrichs Derbienft, ber hiftorifchen ITachäfferei mit ben Boben
entzogen zu haben, ift fo groß unb nachwirkenb für uns, baß wir ihm fchon beshalb aufrichtig bankbar
fein müffen! Trotj mancher meinungsperfchiebenheifen zroifchen bem Dahingefchiebenen unb uns halten
wir uns, beren Arbeit mit ber öefchichte ber Künftlerkolonie aufs engfte oerwachfen ift, an erfter Stelle
berufen, Prof. Olbrichs in noller tüürbigung feines künftlerifchen Dermächtniffes hier zu gebenken! Auch
wir ftehen erfchüttert über fein jähes unb frühes fjinTcrjeiben an feinem offenen örabe, fühlenb, baß ein
Künftler feltener Art oon uns gegangen ift. — Friebe feiner Afche unb Chre feinem Anbenken!

Darmftabt, ben 9. Auguft 190S. Alexanber Koch.

Die feierliche Beerbigung fanb am 12. Auguft, oormittags 11 Uhr, in DarmftaM ftatt, unter Teilnahme oon zahlreichen
Freunben unb Dereljrern bes Perftorbenen. Don ITIifgliebern ber Künftlerkolonie mar bas 6rab in roürbiger tPeife bereitet roorben.
6olbburcf)tDirkte unb fcrjroarze Stoffe uerhüllten bie Erbroänbe, blaue fjortenfien beckten bie Umgebung ber 6ruft. Fackeln unb
Feuerbecken auf hoben, mit Tannenzroeigen bekleibeten Pylonen flankierten bie ernfte Statte.

Den erften Kranz legte im Auftrage Seiner Königlichen fjoljeit bes örofirjerzogs Flügelabjubant Freiherr Don Sdiauroth
nieber, bann folgten bie Kabinetts-Direktion, bie Tllitglieber ber Künftler-Kolonie, Oberbürgermeifter ÜIornetDeg im Auftrag ber
Stabtoertoaltung unb ber Flusftellungsleitung, Dberregierungsrat Dr. Wagner im rluftrag öeheimrat Ceroalbs, bes Keidjskommiffars
für bie IPeltausftellung in St. Fouls, Architekt rehmann im rluftrag bes Bunbes beutfcher Architekten unb ber Ortsgruppe
mannheim, Stabtoerorbneter Stemmer für ben Derkehrsoerein, ber Dorftanb bes Dereins öartenDorftabt, foroie Schüler unb Freunbe
bes fjeimgegangenen. Die Künftler ber »Wiener tDerkftätte« Heften burd) bie üerlagsanftalt Alexanber Koch »ihrem unoergeftlichen
Freunbe« einen Corbeerkranz mit grüner Schleife an ber Bahre nieberlegen.
 
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