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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Breuer, Robert: Die Arbeit der Kunstgewerbe-Vereine: 19. Delegierten-Tag zu Halle a. S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0146

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Robert Breuer:

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ARCHITEKT EMIL PIKCHAN.

LAUFER UND KISSEN IN AUFNÄHARBEIT.

DIE ARBEIT DER KUNSTGEWERBE-VEREINE.

19. DELEGIERTEN-TAG ZU HALLE A. S.

Zuweilen, man braucht nicht einmal mißmutig,
nur ein wenig nachdenklich zu sein, möchte
einem die Notwendigkeit der Kunstgewerbevereine
beinahe problematisch erscheinen. Was wollen
sie eigentlich und wozu sind sie da? Einst, da
das Kunstgewerbe langsam und sehr diskret zu
keimen begann und noch früher, da es im Schatten
der Museen schlummerte, waren die Vereine die
einzigen Stätten für die Diskussion über die
Probleme des Tages, die respektabelste Kneip-
gelegenheit, um die würdigen Großväter der
Renaissance anzuprosten. Aber heute, da das
Kunstgewerbe mehr als eine Angelegenheit der
Handwerker und der Künstler ist, da es ein
zentrales Kulturproblem wurde, ein Problem, das
der mannigfaltigsten Fragestellung zugänglich ist
und einen kaum übersehbaren Kreis von Inter-
essenten dauernd in Erregung hält, heute scheint
das Kunstgewerbe dieser ehrwürdigen Vereine,
dieser mit den Musen schäkernden Trinkgenossen-
schaften entbehren zu können. In der Tat, die
Kunstgewerbevereine des alten Stils, die Kunst-
kränzchen und Konventikeln der sogenannten
Fachleute, haben ihr Existenzrecht verloren —
für den Kunstgewerbeverein, wie wir ihn verstehn,
hat die Zeit der eigentlichen, der fruchtbaren
Arbeit aber eben erst begonnen! Und jene
skeptische Bewertung wendet sich allein gegen
die Rudimente der Gilden und Rauchklubs, deren
Sergeanten im Zeichen Dürers oder Cellinis
gegenseitige Verehrung mimen. Davon gibt es
hier und da im Lande verstreut noch vertilgungs-

werte Reste und auch das gibt es noch: eng-
brüstige Sekten, die ob den Interessen ihrer
Branche, ob der eigenen Mittelmäßigkeit keinen
Instinkt für die wahre Bedeutung und eigentliche
Aufgabe dessen haben, was wir den Lebenskreis
des Kunstgewerbes nennen. Doch diese Kurz-
sichtigen und Temperamentlosen sind in der
Minderheit, sind im Aussterben; das Gros derer,
die sich in den Kunstgewerbevereinen zusammen-
schlössen, will aus Einsicht und mit Energie den
Fortschritt und die Reife der neudeutschen
Kultur. Ob solchem Wollen sich ein ausreichendes
Können verbindet, wird abzuwarten sein, ist zu
erhoffen. Jedenfalls, zunächst wird viel erstrebt -
gestrebt. — Das war auch wiederum die Signatur
des letjten Delegiertentages der Kunstgewerbe-
vereine, der Ende März zu Halle abgehalten wurde.
- Die Hauptthemen der Verhandlungen: die
Organisation der kunstgewerblichen Produktion,
der Erziehung und der Propaganda. Das mannig-
fache Verlangen nach einer würdigen Honorierung
der kunstgewerblichen Leistungen soll endlich
in die Scheuern kommen. Die vielerörterte
„Eisenacher Ordnung" wurde angenommen. Da-
mit bekamen die Kunstgewerbler eine materielle
Basis, wie sie die Architekten seit 1888 in der
Hamburger Norm besirjen. Dieser Gewinn ist
an sich so wichtig, daß darüber die Frage nach
den Einzelheiten zurücktritt. Das war auch die
Meinung der Versammelten; freilich fehlte es
nicht an der Einsicht, daß mit der Annahme
dieses Tarifes keineswegs seine Durchsetzung für

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