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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Breuer, Robert: Deutsche Werkstätten für Handwerks-Kunst Dresden und München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0185

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DEUTSCHE WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKS-KUNST
DRESDEN UND MÜNCHEN.

Für den Freund des Kunstgewerbes gibt
es kaum etwas Amüsanteres, als einige
Stunden in den Verkaufsstellen der Dresdner
Werkstätten zu flanieren und zu kramen. Ich
weiß nicht zu sagen, wo mir mehr Ver-
gnügen wurde: drüben in den bescheidenen
Räumen, die sich die Firma herrichtete, als
sie mit der öffentlichen Propaganda energisch
einsetzte, oder in den überaus vornehmen
Läden, die sie sich vereint mit den Münchner
Werkstätten in Berlin baute. Hier wie dort
trifft man die gleiche Ware, die gleiche Sach-
lichkeit und den gleichen Geschmack, der
aus trefflichem Material liebenswürdige Still-
leben zusammenstellte, trifft man Verkäufer
in dem idealen Sinne des Wortes, Fachleute,
die einem nichts aufschwätzen, die dem Fragen-
den Bescheid geben und selbst Bescheid
wissen. Man kommt nicht in eines jener
unförmlichen Magazine, die mit ihren zwanzig
oder fünfzig Musterzimmern renommieren, die
einem mit sämtlichen Stilen aufwarten können,
die mit derselben Innigkeit ihr Louis seize,
ihre Sezession oder die allerletzte Mode
preisen, die jeden zivilisierten Menschen nach

kurzem Leiden wirblig machen und den Geh-
rockmann, der tausend unnützige Worte plät-
scherte, verwünschen lassen. Man kann es
kaum anders ausdrücken, man muß sagen:
diese Verkaufsstellen haben ihre eigene, wohl-
temperierte Kultur, sie wirken gepflegt und
reserviert und erfreuen durch ihr freimütiges
unverhülltes Selbstbewußtsein. Das Prinzip,
nach dem sie geleitet werden, ist garnicht
zu verkennen: nichts Schlechtes, nichts, was
nicht der Zeit und ihrer Art gehört. Wie
oft seufzen doch die Geschäftsleute, daß das
Moderne nicht ginge, daß das Publikum
immer wieder nach dem guten Alten ver-
lange, daß das sich nun einmal nicht ändern
ließe, man müsse Stil führen, und könne das
Neue nur nebenbei protegieren. Das eben
ist jene verkehrte Methode, die es aller Welt
gerecht machen möchte und dabei nur Un-
recht schafft. In den Verkaufsstellen der
Dresdner gibt es nicht das, was das Publi-
kum will, vielmehr das, was es haben muß.
Dies allerdings in einer so überzeugenden
Form und in einer Vollkommenheit, daß
selbst arge Skeptiker und träge Gewohn-

1909.IX. 5.

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