Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

DOI Artikel:
Otto, Karl Heinrich: Imitation und Surrogat
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0260

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


D
«■


a
.■
a

a
«■

D

a
«■

«■
o
»■
a
»■
a
.•

■■
a
«■
a



schreibt an sich eine ganz harmlose Sache sobald
die Grundabsicht klar erkannt wird. Werden z. B.
aus irgend einem festlichen Anlaß auf einem
Platje im Zusammenhange mit der Festdekoration,
unter Zuhilfenahme von Holzeinbauten und Sack-
leinenbespannung große Monumental-Gruppen in
drei Tagen aufgerichtet, so wird es niemand ein-
fallen, hier, selbst wenn die Farbe das vor-
täuschen sollte, an Stein und Bronze zu glauben.
Bei den Riesen-Dekorationen mit farbigen Papier-
blumen wird wiederum niemand an die Natur
denken wollen, und doch handelt es sich in beiden
Fällen um Imitationen in gutem wie schlechtem
Sinne. — Die Imitation wird erst zu einer
Schreckenssache, wenn sie z. B. sich in ge-
strichenen Sandstein-Quadern an schmiedeeisernen
Pfeilern zeigt, erzielt durch Ölfarbenanstrich in
Steinton mit weißen Fugenlinien. Wir haben das
tatsächlich gehabt. Das ist natürlich mehr als
unästhetisch, widersinnig; — das ist lächerlich,
wenn dann in den gestrichenen Steinquadern die
Nietköpfe des Eisens sichtbar werden. Oder wir
machen den Verstoß, in einer Putjfassade den
Haustein-Bau vortäuschen zu wollen. Selbstver-
ständlich ist gegen eine Putjfassade, auch gegen
die reichste, nichts einzuwenden, wenn sie uns

240

erkennen läßt, es mit Stuck zu tun zu haben.
— In gleichem Sinne ist auch der Holzanstrich
an sich nicht verwerflich, er wird es erst, wenn
er so raffiniert und sklavisch durchgeführt wird,
um eine andere Holzart, meistens eine edlere als
die durch den Anstrich verdeckte, vortäuschen zu
sollen. Hier denkt der „Maserkünstler" tatsächlich
an eine Vortäuschung und vollzieht einen Betrug,
der vor einem Gericht von Ästhetikern strafbar
sein würde. Dasselbe gilt natürlich auch in gleichem
Sinne von der Marmorimitation, kurz für alle Imi-
tationen, die unter allen Umständen den Schein
des Echten über das Surrogat hinaus wahren
sollen. Daß dagegen heftig gekämpft wird, ist
durchaus berechtigt. Es liegt gar kein Grund und
keine Notwendigkeit vor, hier zu imitieren, denn wir
bedürfen an solchen Stellen auch des „Scheines"
nicht, weil wir auch einem minderwertigen, sonst
aber gutem Material wie dem Tannenholz oder
der gepurjten und geschliffenen Wand auf bessere
Weise stilistisch gerecht werden können. Auch
das Backsteinmuster auf einer gestrichenen Wand
hat keine Berechtigung; ein Schablonenmuster
oder dergleichen ist besser am Plaße. — Das
alles gilt auch für die Imitierung schmiedeeiserner
Gitter durch Gußeisen, von Holzschnitzereien durch







a
o


D


«■
D

a
.■


 
Annotationen