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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Schaukal, Richard: Buchkunst: Eine Glosse
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0313

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MARIE HAENDLER—WIEN.

Gestickter Fächer.

BUCHKUNST.

EINE GLOSSE VON RICHARD SCHAUKAL.

Der durch zahlreiche, zum Teil treffliche
Publikationen zumal älterer deutscher
Autoren rühmlichst bekannte Verlag Eugen
Diederichs in Jena versendet ein Zirkular
über eine monumentale »Faust«-Ausgabe. Es
scheint mir notwendig, da die Sache leider
nicht mehr hintanzuhalten ist, wenigstens für
die Zukunit an dieses lehrreiche Exempel ein
paar warnende Worte zu knüpfen. Der »Buch-
schmuck«, diese schauderhafte »Bewegung«
der neunziger Jahre, beginnt bei uns gott-
lob abzuflauen. Kompromittierendes ist zwar
noch reichlich vorhanden, und weitverbreitete
schnöde Typen gebären sich endlos fort, aber
im großen und ganzen hat man die Langweilig-
keit und Geschmacklosigkeit des sinnlosen
Kitsch-Ornamentes, wenn nicht eingesehen,
doch gefühlt, und tüchtige Firmen — allen
voran seit neuestem Hans von Weber in Mün-
chen — haben gezeigt, daß man auch in
Deutschland endlich wieder an die herrliche
Tradition — unsre Bücher vom Anfang bis in
die Mitte des 19. Jahrhunderts — mit Verständ-
nis anzuknüpfen bereit und seelisch wie tech-
nisch in der Lage sei. Die Tatsache jedoch, daß

in dem letzten Jahre von drei großen führen-
den Firmen, unter der Ägide namhafter
Künstler, in sogenannten Monumentalwerken
wahrhaft Beklagenswertes auf den heute so
reich bestellten Markt der Luxusbücher ge-
bracht worden ist, zwingt den ehrlichen
Freund edler echter Bücherkunst zu lauter
Rügerede. Ich meine des Insel-Verlags »Ecce
homo«, die Bondische Shakespeare-Ausgabe
(in der unerfreulichen »Verbesserung« des
Schlegel-Tieckschen Textes durch einen an-
maßlichen Herrn Gundolf) und eben den
Diederichs'schen »Faust«, der der unmittel-
bare Anlaß dieser Zeilen ist.

Ich bin seit vielen Jahren ein entzückter
Sammler guter Bücher und besitze zumal
an trefflichen deutschen und französischen
Ausgaben des 19. Jahrhunderts eine stattliche
Anzahl. An ihnen habe ich meinen Ge-
schmack geschult und weiß, worauf es an-
kommt bei einem tüchtigen Buche.

Ich bin überdies als Autor mit manchen Ver-
legern in Verbindung geraten und habe mit Inter-
esse, freilich oft mit Entsetzen gesehen, wie bei
uns buchtechnisch gearbeitet wird, welche Ziele

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