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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Breuer, Robert: Ausstellung für christliche Kunst: Düsseldorf, Mai bis Oktober 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0370

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Ausstellung für christliche Kunst Düsseldorf ipop.

bringt, der wird gewiß das Vermißte bei
Theodor Fischer linden. Dieser Süd-
deutsche gibt seinen Kirchen eine milde und
wohnliche Schönheit, eine Uhlandstimmung.
Man wird stille wie des Morgens im Walde,
man hört des Schäfers Sonntagslied. — Über
die verschiedenen frischen Ansätze und er-
rungenen Siege des modernen Kirchenbaues
gewährt die Düsseldorfer Ausstellung guten
Bericht. Wir sehen eine reichliche Zahl von
Entwürfen und Modellen. Das meiste ist frei-
lich schon bekannt. Neu zu bemerken sind
einige Behrensjünger: Benirschke, der ein
wenig stark anlehnungsbedürftig erscheint;
Theodor Veil, der wesentlich freier und
selbständiger arbeitet. — Neben dem Kirchen-
bau wurde auch die Gestaltung des Kirchhofes
gepflegt, meist von den gleichen Männern.
Man versuchte die Anlagen als Park und Land-
schaft zu organisieren (wie mit Erfolg im
Münchner Waldfriedhof. 1). R.), man schuf
solide und charaktervolle Denkmale. Man will
der protzigen Steinmetzparade und ihrer schreck-
lichen Kühle ein Ende beieiten; der Friedhof
soll wieder ein schweigsamer Garten werden,
die schlichte von verstehender Andacht um-
wobene Ruhestatt für Bürger, die ihre Pflicht
getan. Die Ausstellung bringt den Versuch
eines solchen Friedhofes; die Dimensionen
gestatten nicht mehr als einen Anklang. Und
doch ist die Lösung anregend genug, um von
allen Kirchenvorständen und Patronatsherren
eifrig studiert zu werden.

Um den neuen Kirchenbau wirklich zu
einer Einheit im modernen Sinne auszugestalten,
bedarf es einer Fülle von Gegenständen, die wir
als Kunstgewerbe bezeichnen. Dazu gehört die
architektonische Plastik, auch die freie Plastik,
sofern sie mehr einen dekorierenden als selbst-
ständigen Kunstwert darstellt, dazu gehören die
Möbel, die Textile, die Glasfenster, die metalle-
nen und die typographischen Arbeiten. Über
alles dies gibt Düsseldorf, wenn auch keine
erschöpfende, so doch eine orientierende Um-
schau. Und gerade hier bekommt selbst der
weniger Eingeweihte es zu spüren, wie ohn-
mächtig und steril die alte kopierende Manier
ist. Die Vorführungen des Semperbundes
verleugnen keineswegs ein anerkennenswertes

Streben, sie verlieren aber ihre Bedeutung
gegenüber den Leistungen derer, die sich
unter der Fahne des Werkbundes gesammelt
Haben. Dort eine gut gemeinte Korrektheit,
hier ein die Aufgabe an der Wurzel packen-
des Geschick, eine kräftige und stolze Selbst-
ständigkeit, ein reine Schönheit erstrebender
Geschmack. — Plastiker solcher Art sind
Bosselt, Wrba, Kreis und der Kölner
Grasegger. Einige Stufen höher, der auto-
nomen Plastik näher, stehen der Belgier Minne
und der leider zu früh gestorbene H u d 1 e r ,
auch B er mann. Am entgegengesetzten Pol,
zwischen der dekorativen Plastik und dem
kunstgewerblichen Nippes, ist Mendes da
Costa zu nennen. — Einwandfreie Metall-
arbeiten sehen wir von Bernhard Wenig,
Groß und Kreis, vonjeggle — Münster,
J. Th. lleintze und Milde & Co.—
Dresden; die leuchtende Weichheit des Edel-
metalls und der feine Fluß der Bronze wurde
zu übersichtlichen, dem Material gehorchenden
und doch mit Ausdruck geladenen Formen
entwickelt. Gschwend — Hannover weiß
das Eisen gesund und in den ihm gebührenden
primitiven, Rhythmus zu schmieden. — Von
den Glasfenstern seien die des Dresdner G oller
und die des Huber Feldkirch der ein-
gehenden Betrachtung empfohlen; sie sind
nicht so überzeugend, nicht so restlos die
Quintessenz der Technik wie die Fenster Kolo
Mosers, deren Kartons wir hier zu sehen be-
kommen, sie sind aber doch durchaus an-
ständige und würdige Arbeiten. — Die Typo-
graphie zum sakralen Ausdruck zu steigern ver-
mag am eindeutigsten Peter Behrens; seine
Missale zeigt gute Verwandtschaft zu feierlichen
Mönchshandschriften. In Behrens' Schatten,
ein wenig eleganter manchem sympathischer,
aber jedenfalls von schwächerem Geblüt gedeiht
Ehmcke. Bürgerlicher als beide, darum aber
auch brauchbarer, Hausmannskost, ist Lud-
wig Sütterlin, dessen in der Reichsdruckerei
entstandene Bibel endlich den Anstoß gibt,
daß die jammervollen Bibeldrucke der Gegen-
wart verschwinden. Hier wie auf allen Gebieten
des Kunstgewerbes und der Architektur kann
die Kirche das Gute haben, wenn sie es nur

will. - ROBERT BREUER.

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