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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0377

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KLEINE KUNST-NACHRICHTEN.

JANUAR 1910.

BERLIN. Die Kg 1. Akademie derKünste
hatte für den Dezember und die ersten Tage
des neuen Jahres Melchior Lechter ihre
Räume zur Ausstellung seines großen Glasgemälde-
Triptychons für das Landesmuseum der Provinz
Westfalen zu Münster überlassen. Das Hauptbild:
die fons sacra in Gestalt eines gotischen Brunnens,
aus dem die Künste göttliche Kraft schöpfen, ein
hohes, stehendes Rechteck; rechts und links klei-
nere Kompositionen: die Symbole der ars coele-
stina und der ars humana. Und wer nun das
Glück hatte, dag sich an diesen trüben Winter-
tagen die Sonne auf Augenblicke seiner erbarmte,
und die Farben des Glases hell aufleuchteten,
dann erlebte er in dem verdunkelten Raum die
feierlichste Stimmung. - Melchior Lechter treibt
eine Kunst für sich ganz allein, schon weil er
sich der Glasmalerei zugewandt hat. Seine Vor-
arbeiten zu den großen dekorativen Werken, die
Studien und Kartons, sind, soweit sie menschliche
Wesen darstellen, manieriert, das ornamentale
Zierwerk ist oft kraus und unverständlich, ein
Entwurf auf dem Karton bedeutet für die Emp-
findung nichts. Und dann tritt man vor sein Glas-
bild, und man erliegt einer geheimnisvollen Kraft,
die man bei Lechter nie vermutet hätte. Wir wissen,
welche hohen künstlerischen Werte die alten Glas-
maler in Übung ihres Handwerks zu Zeiten schu-
fen, und sind erstaunt, dag einem Manne unter
uns in diesen unfruchtbaren Tagen gelingt, was
vorher nur strenge Handwerkszucht und glück-
licher Instinkt gemeinsam erreichten. Man ist zu
hoher Achtung vor dieser großen Tat koloristischer
Berechnung geneigt. Wie dieses Blau mit dem
Goldorange, das Meergrün mit dem Dunkelrot
zusammengeht, das zeugt nicht von Dilettanten-
arbeit. Dazu gehören Augen, ernste Bemühung
und viel Geschmack. Aber die hochfeierliche
Stimmung, das Ergriffensein vor dem Werk spricht
auch für einen ungewöhnlichen künstlerischen
Geist seines Erzeugers. ewald bender.

1\ ^TÜNCHEN. Jede neue Saison läßt erkennen,
IV A daß sich das Ausstellungswesen unserer
Stadt bedeutend gehoben hat. Mit Münchens
hermetischer Abgeschlossenheit gegen das Fremde
ist es gründlich vorbei. In diesem Monat gab
es die vortreffliche Anders Zorn-Kollektion in
der Galerie Heinemann, außerdem in der Mo-
dernen Galerie Kollektionen der berühmten
Schweizer Meister Kuno Amiet und Giaco-

metti, Maler, die auf großzügige Vereinfach-
ungen des Natureindruckes ausgehen, um so desto
sicherer die malerische und psychologische Pointe
der Erscheinung zu treffen.

Die Sezession veranstaltet eine umfang-
reiche Revue über das Schaffen ihres langjährigen
ersten Präsidenten Hugo von Habermann.
Man sieht den feinen, geistreichen Künstler hier
ganz deutlich aus Münchens malerischer Kultur
der 70er und 80er Jahre hervorwachsen, jener
Kultur, in welcher mit ihm Uhde, Trübner,
A. v. Keller, W. v. Diez, Munkacsy, Gysis und
so viele, viele andere wurzeln, über welche die
Zeit mittlerweile siegreich dahingegangen ist.
Von großem Interesse ist es, daß gleichzeitig
mit dieser Ausstellung die Moderne Galerie eine
große Anzahl Habermannscher Studien und Skizzen
zeigen kann, die gewissermaßen die Arabesken
und Randzeichnungen zu den in der Sezession
vereinigten Hauptwerken bilden.

In der Modernen Kunsthandlung (F. J.
Brakl) ist Max Feldbauer zu Gast. Ein fesseln-
der Kolorist, aber leider häufig so unkräftig im
Erfassen der Form! Form ist Licht und Licht
ist Farbe — bei Feldbauer ist die enge Beziehung
zwischen diesen drei Faktoren durchbrochen. So
pikant oft der farbige Reiz seiner Tafeln ist, so
wenig befriedigen sie als Deutungen der Wirk-
lichkeit, als Interpretationen der Erscheinung.

Im Kunstverein debütiert der Deutsche
Künstlerverband mit der ersten seiner jury-
freien Ausstellungen. Die Jurylosigkeit macht
sich nirgends bemerkbar, weder im Guten noch
im Schlimmen. Und so bietet die Ausstellung
eigentlich nichts von dem, was man von ihr hoffte
und fürchtete. Sie empört nicht durch Albern-
heiten und entzückt nicht durch gelungene Wag-
nisse. Vielleicht muß die zweite Ausstellung ab-
gewartet werden, damit sich das wirkliche Wesen
des Verbandes enthüllt.

Die Hofmöbelfabrik M. Ball in hat ihr neues
Geschäfts- und Ausstellungshaus am Promenade-
plaß eröffnet. Es enthält 77 eingerichtete Räume.
Als Architekten sind zum Teil hervorragende
Münchner Künstler beteiligt: F. v. Thiersch, Em.
v. Seidl, Theodor Fischer, Ludwig Hohlwein,
Benno Becker, P. Troost, P. Danzer, Theodor
Veil, Mathias Feller u. a.

Das Haus, dessen Fassade Dr. G. v. Cube
sehr geschmackvoll bearbeitet hat, bedeutet in
jeder Hinsicht eine hervorragende Leistung, w. m.
 
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