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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 25.1909-1910

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Post, Hermann: Bruno Paul als Architekt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7377#0194
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Bruno Paul als Architekt.

PROFESSOR BRUNO PAUL-BERLIN. Haus Westend. Herrn-Arbeitszimmer.

Tempel in der Form, wie sie z. B. der Tempel
der Nike Apteros neben den Propyläen der
Akropolis von Athen zeigt. Mit diesem hat
das Sporthaus auch eine gewisse Verwandt-
schaft der Lage gemeinsam, indem es von
einer Anhöhe herabblickt. Von hier aus be-
herrscht es einen der durch Walter Leistikow
berühmt gewordenen Grunewald-Seen und
lehnt sich mit der Rückseite an eine dunkle
Kiefernwand an. Seine Farben: ockergelber
Putz, grün-blaue Fensterläden und rote Dach-
ziegel tragen in diese etwas düstere Umgebung
einen sehr reizvollen heiteren Ton.

Auch das Innere zeigt die immer weitere
Entwicklung Pauls zur farbenfreudigen Aus-
gestaltung der einzelnen Räume und ihrer Ab-
tönung zu einander. So z. B. der Durch-
blick aus dem großen Gesellschaftsraum mit
kräftig gelben Wandflächen in das hellgrüne
und auf seinen Möbeln den kecksten Cretonne-
bezug zeigende Damenzimmer, der überra-
schend lustig anmutet, ohne irgendwie knallig
zu wirken. Die beigegebenen Bilder vermögen
davon natürlich keinen Eindruck zu geben, da
bekanntlich die Photographien vielfach ein

den wirklichen Farbenwerten ganz entgegen-
gesetztes Bild zeigen.

Nicht so konsequent wie beim Haus West-
end will uns allerdings die Außen-Architektur
erscheinen. Der rückseitige, die Wirtschafts-
räume umfassende Teil, tritt etwas hinter der
übrigen Front zurück, und es fehlt die offene
Halle. Trotzdem ist hier eine der Vorder-
seite entsprechende Säulenstellung angewandt,
die innerlich nicht ganz begründet ist.

Es seien schließlich noch einige Worte dem
veröffentlichten Grabdenkmal gewidmet. Hier
ist Paul von dem üblichen Schema des von
einem niedrigen Geländer umgebenen Grab-
steins abgewichen, indem er die Umfriedung
bis zur Höhe des Steines hinaufführt. Da-
durch gewährt die ganze Anlage einen ge-
schlossenen , ruhigen und zugleich feierlich
prächtigen Eindruck, wie er bei der meist üb-
lichen, etwas spielerisch anmutenden Form
nicht vorhanden ist. Das Schwere, das einer
derartigen Lösung anhaften könnte, ist dabei
auf das glücklichste durch abwechselnde Ver-
goldung der einzelnen bis zur Höhe geführten
Stäbe vermieden. —

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