DIE PHANTASIE DES ARCHITEKTEN.
Gemeinhin wird die Gabe der Phantasie
nicht sonderlich geschätzt beim Architekten.
Man hat genug von der himmelstürmenden
Papierzeichnerei, die überschäumte in monu-
mentalen Schaubildern — aber eben nie mehr
als Schaubilder geben konnte. Man hat auch
genug von einer Ornamenten- und Deko-
rationssucht, die Theaterspektakel mit Phan-
tasiereichtum verwechselte. Und da die
Ästhetiker — wenigstens die von heute —
mit dem Skalpmesser sehr rasch bei der
Hand sind, erklärte man die Phantasie des
Architekten als einen unnützen Schopf, der
säuberlich wegrasiert werden müßte.
Sehr verständlich wurde uns auseinander-
gesetzt, daß der Häuserbauer den ehernen
richard bühland -Berlin. Mosaik-Verglasung.
liIRKLE & THOMER BERLIN. Ausf. Gottfried Heinersdorf f.
Bedürfnissen des Lebens Gestalt zu geben, dem
Zweck seine Notwendigkeit abzulauschen habe.
Und darum habe er sich jeglicher Ziererei zu
enthalten. Das alles ist zutreffend und es gibt
tatsächlich keine Rechtfertigung für jene spiele-
rischen Zutaten, mit denen an den Fassaden,
Wänden und Decken so viel Verschwendung
getrieben wurde. Nur hüte man sich, diese
Applikations-Kunststücke für Phantasie zu neh-
men. Im Gegenteil, es ist die Geistesarmut,
die sich da herausputzt; die architektonische
Phantasie muß sich auf ganz andere Weise und
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Gemeinhin wird die Gabe der Phantasie
nicht sonderlich geschätzt beim Architekten.
Man hat genug von der himmelstürmenden
Papierzeichnerei, die überschäumte in monu-
mentalen Schaubildern — aber eben nie mehr
als Schaubilder geben konnte. Man hat auch
genug von einer Ornamenten- und Deko-
rationssucht, die Theaterspektakel mit Phan-
tasiereichtum verwechselte. Und da die
Ästhetiker — wenigstens die von heute —
mit dem Skalpmesser sehr rasch bei der
Hand sind, erklärte man die Phantasie des
Architekten als einen unnützen Schopf, der
säuberlich wegrasiert werden müßte.
Sehr verständlich wurde uns auseinander-
gesetzt, daß der Häuserbauer den ehernen
richard bühland -Berlin. Mosaik-Verglasung.
liIRKLE & THOMER BERLIN. Ausf. Gottfried Heinersdorf f.
Bedürfnissen des Lebens Gestalt zu geben, dem
Zweck seine Notwendigkeit abzulauschen habe.
Und darum habe er sich jeglicher Ziererei zu
enthalten. Das alles ist zutreffend und es gibt
tatsächlich keine Rechtfertigung für jene spiele-
rischen Zutaten, mit denen an den Fassaden,
Wänden und Decken so viel Verschwendung
getrieben wurde. Nur hüte man sich, diese
Applikations-Kunststücke für Phantasie zu neh-
men. Im Gegenteil, es ist die Geistesarmut,
die sich da herausputzt; die architektonische
Phantasie muß sich auf ganz andere Weise und
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