Eine deutsche Welt-Ausstellung?
dieren wollen. Unsere Industrie, Städte-Einrich-
tungen, soziale Fürsorge, unsere Krankenhäuser
und Schulen sind zu ständigen Studienobjekten
für die Vertreter anderer Nationen geworden.
Was läge da näher, als ein Zusammenfassen
der verschiedenen Kräfte und Leistungen auf
einer deutschen Ausstellung! Einer durch
und durch sorgfältig vorbereiteten und
gewissenhaft, liebevoll und vollendet
durchgeführten Ausstellung des Deut-
schen Reiches.
Selbstverständlich muß dafür eine größere
Arbeit geleistet werden, als wenn wir uns
„ehrenhalber" an einer sogenannten Welt-
Ausstellung beteiligen. Die ganze Nation
muß dafür auftreten und eintreten, wenn
ein so großer Wurf vor den Augen der
Welt gelingen soll! Man greife diesen Ge-
danken auf und betraue führende und schaf-
fende Männer und Frauen unseres Vater-
landes mit der fundierenden Vorarbeit! Die
Tat kann in fünf bis sechs Jahren verwirk-
licht sein, sie darf auch zehn Jahre in An-
spruch nehmen; es kommt nur darauf an, ob
wir klug genug sind, unsere Kräfte ausschließ-
lich allein dafür festzulegen und sie nicht zu
zersplittern durch so und soviel kleine Lokal-
und Sonder-Ausstellungen, vor allem aber auch
das Reich selbst nicht festzulegen durch neue
Verpflichtungen für fragwürdige Weltausstel-
lungen, die zu einem großen Jahrmarktrummel
zu werden drohen. Aber auch uns selbst muß
der Gedanke, an einen „verkleinerten" Welt-
jahrmarkt zu denken, ein für alle Mal als ab-
getan erscheinen.
Meine Reformvorschläge für das Ausstel-
lungswesen, die bisher in kleinerem und größe-
rem Umfange Verwirklichung gefunden haben,
und die darauf abzielen: in unseren Ausstel-
lungen organische, wirtschaftliche und
künstlerische Gebilde als einheitliche
Lebensausschnitte selbst zu schaffen,
die nicht von den notwendigen Ausstellungs-
hallen erdrückt werden, erneuere ich hiermit.
Damals zielten meine Ausführungen für eine
Landesausstellung — etwa im Großherzogtum
Hessen — auf ein zu erbauendes Dorf ab.
Eine „Reichsausstellung" müßte natürlich eine
„Stadt" bieten; keine romantische alte Stadt
mit sogenannten malerischen Winkeln, sondern
eine moderne Stadt mit allen Errungen-
schaften der Technik, der Hygiene, der
Baukunst, des Verwaltungs- und Ver-
kehrswesens, in welchem Gebilde eben so
sehr die Stätte der Erziehung, der Er-
holung, des Vergnügens, wie der Wasser-,
Licht- und Lebensmittel-Versorgung
vertreten sein müßten. Es könnte etwa der
Kern einer „mittleren Stadt" sein, mit Schulen,
Kirchen, Verwaltungs - Gebäude , Markthalle,
Krankenhaus, Museum, Theater, Konzertsaal,
Orpheum, Zirkus etc., Ausstellungshallen, Park,
Gartenanlagen, Brunnen, Badeanstalt, Börse,
Bankgebäude, Verkaufsläden, Post, Verkehrs-
mittel der verschiedensten Art und an was Alles
der moderne Städtebauer zu denken hat. Auch
ein Friedhof und ein Krematorium müßten vor-
gesehen werden, denn selbstverständlich könnte
diese „Stadt" nicht bloß ein Ausstellungs-Ob-
jekt bleiben.
Daß an einer solchen Ausstellung alle Be-
rufe und Gewerbe beteiligt sein würden, bedarf
keiner besonderen Hervorhebung: Gewerbe,
Handwerk, Kunstgewerbe, Kunst, Handel, In-
dustrie und Landwirtschaft könnten hier einan-
der die Hand reichen. Daß hierbei der erfahrene
Ausstellungstechniker und Organisator in allen
Fragen zu hören sein würde, erscheint selbst-
verständlich, denn es gilt doch in erster Linie
wieder eine solche Stadt als „Ausstel-
lungs-Objekt" zu zeigen, das Unternehmen
als solches aber auch rentabel zu gestalten.
Es soll nicht Aufgabe meiner Ausführungen
sein, hier einen Wirtschaftsplan aufzustellen,
denn dafür bedarf es breiterer Unterlagen rech-
nerischer Art und ausführlicherer Pläne. Aber
außer Zweifel dürfte das Gelingen einer so groß-
zügigen und ihrem Gesamtcharakter nach erst-
malig gebotenen Ausstellung garantiert werden
können, wenn alle dafür heranzuziehenden
wirtschaftlichen Faktoren nach Maßgabe ihrer
Mittel die Durchführung decken helfen, noch
zumal wohl jeder Bundesstaat für sich ein leb-
haftes Interesse daran haben müßte, in der Er-
füllung seines Wirtschafts- und Arbeitsanteils
sein Bestes und Höchstes zu leisten.
Ganz außer Frage stände wohl, daß nur
die Reichshauptstadt Berlin für eine derartige
Ausstellung in Betracht käme. Ja, es ist nicht
ausgeschlossen, daß bei den bestehenden Aus-
bau-Absichten Berlins inbezug auf „Groß-
Berlin" Bauten erstehen, die einen Teil der Aus-
stellungsaufgaben erfüllen könnten. Auch das
Jahr 1920 würde für eine solche Ausstellung
noch nicht zu spät liegen; um so besser würden
alle die einleitenden Arbeiten erledigt und das
Unternehmen selbst in der Beschaffung von
Fonds fundiert werden können.
Nur nichts Halbes! Und keine Aufmach-
ung mit fragwürdigen Mitteln, keine faden-
scheinige Repräsentation, keine Kulissen, kein
Abklatsch der Wirklichkeit, sondern — die
Wirklichkeit selbst!
Für Berlin als „Ausstellungsfeld" sprechen
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dieren wollen. Unsere Industrie, Städte-Einrich-
tungen, soziale Fürsorge, unsere Krankenhäuser
und Schulen sind zu ständigen Studienobjekten
für die Vertreter anderer Nationen geworden.
Was läge da näher, als ein Zusammenfassen
der verschiedenen Kräfte und Leistungen auf
einer deutschen Ausstellung! Einer durch
und durch sorgfältig vorbereiteten und
gewissenhaft, liebevoll und vollendet
durchgeführten Ausstellung des Deut-
schen Reiches.
Selbstverständlich muß dafür eine größere
Arbeit geleistet werden, als wenn wir uns
„ehrenhalber" an einer sogenannten Welt-
Ausstellung beteiligen. Die ganze Nation
muß dafür auftreten und eintreten, wenn
ein so großer Wurf vor den Augen der
Welt gelingen soll! Man greife diesen Ge-
danken auf und betraue führende und schaf-
fende Männer und Frauen unseres Vater-
landes mit der fundierenden Vorarbeit! Die
Tat kann in fünf bis sechs Jahren verwirk-
licht sein, sie darf auch zehn Jahre in An-
spruch nehmen; es kommt nur darauf an, ob
wir klug genug sind, unsere Kräfte ausschließ-
lich allein dafür festzulegen und sie nicht zu
zersplittern durch so und soviel kleine Lokal-
und Sonder-Ausstellungen, vor allem aber auch
das Reich selbst nicht festzulegen durch neue
Verpflichtungen für fragwürdige Weltausstel-
lungen, die zu einem großen Jahrmarktrummel
zu werden drohen. Aber auch uns selbst muß
der Gedanke, an einen „verkleinerten" Welt-
jahrmarkt zu denken, ein für alle Mal als ab-
getan erscheinen.
Meine Reformvorschläge für das Ausstel-
lungswesen, die bisher in kleinerem und größe-
rem Umfange Verwirklichung gefunden haben,
und die darauf abzielen: in unseren Ausstel-
lungen organische, wirtschaftliche und
künstlerische Gebilde als einheitliche
Lebensausschnitte selbst zu schaffen,
die nicht von den notwendigen Ausstellungs-
hallen erdrückt werden, erneuere ich hiermit.
Damals zielten meine Ausführungen für eine
Landesausstellung — etwa im Großherzogtum
Hessen — auf ein zu erbauendes Dorf ab.
Eine „Reichsausstellung" müßte natürlich eine
„Stadt" bieten; keine romantische alte Stadt
mit sogenannten malerischen Winkeln, sondern
eine moderne Stadt mit allen Errungen-
schaften der Technik, der Hygiene, der
Baukunst, des Verwaltungs- und Ver-
kehrswesens, in welchem Gebilde eben so
sehr die Stätte der Erziehung, der Er-
holung, des Vergnügens, wie der Wasser-,
Licht- und Lebensmittel-Versorgung
vertreten sein müßten. Es könnte etwa der
Kern einer „mittleren Stadt" sein, mit Schulen,
Kirchen, Verwaltungs - Gebäude , Markthalle,
Krankenhaus, Museum, Theater, Konzertsaal,
Orpheum, Zirkus etc., Ausstellungshallen, Park,
Gartenanlagen, Brunnen, Badeanstalt, Börse,
Bankgebäude, Verkaufsläden, Post, Verkehrs-
mittel der verschiedensten Art und an was Alles
der moderne Städtebauer zu denken hat. Auch
ein Friedhof und ein Krematorium müßten vor-
gesehen werden, denn selbstverständlich könnte
diese „Stadt" nicht bloß ein Ausstellungs-Ob-
jekt bleiben.
Daß an einer solchen Ausstellung alle Be-
rufe und Gewerbe beteiligt sein würden, bedarf
keiner besonderen Hervorhebung: Gewerbe,
Handwerk, Kunstgewerbe, Kunst, Handel, In-
dustrie und Landwirtschaft könnten hier einan-
der die Hand reichen. Daß hierbei der erfahrene
Ausstellungstechniker und Organisator in allen
Fragen zu hören sein würde, erscheint selbst-
verständlich, denn es gilt doch in erster Linie
wieder eine solche Stadt als „Ausstel-
lungs-Objekt" zu zeigen, das Unternehmen
als solches aber auch rentabel zu gestalten.
Es soll nicht Aufgabe meiner Ausführungen
sein, hier einen Wirtschaftsplan aufzustellen,
denn dafür bedarf es breiterer Unterlagen rech-
nerischer Art und ausführlicherer Pläne. Aber
außer Zweifel dürfte das Gelingen einer so groß-
zügigen und ihrem Gesamtcharakter nach erst-
malig gebotenen Ausstellung garantiert werden
können, wenn alle dafür heranzuziehenden
wirtschaftlichen Faktoren nach Maßgabe ihrer
Mittel die Durchführung decken helfen, noch
zumal wohl jeder Bundesstaat für sich ein leb-
haftes Interesse daran haben müßte, in der Er-
füllung seines Wirtschafts- und Arbeitsanteils
sein Bestes und Höchstes zu leisten.
Ganz außer Frage stände wohl, daß nur
die Reichshauptstadt Berlin für eine derartige
Ausstellung in Betracht käme. Ja, es ist nicht
ausgeschlossen, daß bei den bestehenden Aus-
bau-Absichten Berlins inbezug auf „Groß-
Berlin" Bauten erstehen, die einen Teil der Aus-
stellungsaufgaben erfüllen könnten. Auch das
Jahr 1920 würde für eine solche Ausstellung
noch nicht zu spät liegen; um so besser würden
alle die einleitenden Arbeiten erledigt und das
Unternehmen selbst in der Beschaffung von
Fonds fundiert werden können.
Nur nichts Halbes! Und keine Aufmach-
ung mit fragwürdigen Mitteln, keine faden-
scheinige Repräsentation, keine Kulissen, kein
Abklatsch der Wirklichkeit, sondern — die
Wirklichkeit selbst!
Für Berlin als „Ausstellungsfeld" sprechen
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