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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 30.1912

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Deri, Max: Marcus Behmer - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7108#0430

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M. BBHMBR.
RADIERUNG \
>V1LLA LUDER«

MARCUS BEHMER—BERLIN.

Man denke nicht, Behmer aus den paar Ab-
bildungen dieses Heftes zu kennen. Ein
reicher und vielfältiger Mensch, und in den Kom-
plikationen seiner Natur nur jenen zugänglich,
die für Verwicklungen Sinn und Interesse haben.
Zum Verständnis eines komplizierteren Men-
schen gehört Kultur. Kultur ist Erfahrung. Das
klingt zu nackt und einfach, aber ich glaube,
es ist wahr. Die Seele des Einzelnen ist in
ihren Anlagen beschränkt, er mag noch so reich
sein. Wer sich ausbauen will (was nur so ge-
waltig klingt), wer reicher werden will, als er
geschaffen wurde, der hat es sehr nötig, die
Erfahrungen anderer in seinem Leben mit zu
verarbeiten. Denn Einer kann unmöglich auch
nur den tausendsten oder hunderttausendsten
Teil der selbst in seinem eigenen Milieu mög-
lichen Erfahrungen machen. Also gehört guter
Wille und ein freies
Menschentum zu je-
dem auch nur etwas
komplizierteren Er-
leben. Und Behmer
ist wahrhaftig nicht so
im Handumdrehen, im
impressionistischen
Hinblicken zu erleben.
Die Abbildungen hier
geben bloß drei Ecken
seines Wesens. Und
er hat wahrhaftig mehr
als vier. — Man kann
heute, durch Hunderte
von Beispielen belehrt,
sogar das Persönliche
der einmaligen Künst-

MABCUS BEHMER—BERLIN. RADIERUNG : »DER ZIEHBRUNNEN«

ler-Entwicklung in ein Schema bringen. Das
Leben ist ja immer reicher als alle Schemata;
aber ohne Gerüst wird kein Bau und auch keine
Erkenntnis. So kann man sagen: der begabte
Künstler geht durch die Natur durch, um erst
einmal das Werkzeug seiner Gestaltungen, die
wirklichen und lebendigen Formen kennen zu
lernen. Dann findet er als zweites meist einen
Fertigen, der ihn „erlöst"; der ihm alles in
jenen Umformungen und Fassungen zu bieten
scheint, die die ihm selber gemäßen sind. Und
über diese zwei Beine lernt dann der Künstler
selber gehen. Er stellt sich auf sich selber.

Natur ist bei Behmer in Hunderten von
Studien da. Der Erlöser zu Eigenem wurde
Beardsley. — Man muß Behmer selber drüber
höhnen hören, daß ihn die Alleskenner mit
dieser Marke abzutun glauben. Warum, bei
meiner Seele, sollte
ich in jener Zeit, wo
mir ein Anderer,
Fertiger, Alles so zu
geben und zu bringen
scheint, wie ich es er-
sehne, warum sollte
ich da an Dem vorbei
gehen, nein, mich an
ihm vorbei zwängen?
Ist es nicht weiser
(und, wahrhaftig, auch
biologisch richtiger),
den Mann bei beiden
Händen zu fassen und
zu halten? Sich ihm
auf eine Zeit zu ge-
ben, und ihn erst zu

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