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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Burger, Fritz: Hanns Pellar, Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0301

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HANNS PELLAR-DARMSTADT.

VON FRIT/. BURGER-MÜNCHEN.

Die Zeiten scheinen vorbei zu sein, in denen
die von Frankreich herübergekommene
impressionistische Kunst die tonangebende
Rolle in dem Schaffen der Jungen gespielt hat.
Die Sezessionen beginnen bereits die konser-
vative Richtung der Malerei zu vertreten. Denn
die Entwicklung der modernen Kunst ist in
ganz überraschend neue Bahnen eingelenkt,
die keiner der weissagenden Kunstkritiker
vorausgesehen hatte. Der Rückschlag gegen die
naturwissenschaftliche Weltanschauung macht
sich neuerdings sehr stark auch auf dem Ge-
biete der Kunst geltend, die teilweise den
Sphären der Mystik oder einer spiritistischen
Romantik zustrebt. Pellar gehört weder zu
den Impressionisten noch zu den Romantikern
der jüngsten Generationen. Er steht gewisser-
maßen zwischen den beiden Richtungen. Mit
dem Impressionisten hat er das scharfe, rasche
Erfassen des Wesentlichen der malerischen Er-
scheinung, das kecke Draufgängertum, die Ge-
wandtheit im Improvisieren, die Lust am far-
bigen Spiel des Lichtes gemeinsam. Aber weder
seine Farbe, noch sein Licht ist von dieser
Welt. Pellar gehört wie Böcklin zu jenen Na-
turen, die neben einer eminenten Beobachtungs-
gabe über ein phänomenales Gedächtnis, einen
reichen, sinnlichen Vorstellungsbesitz verfügen,
die ihm erlauben, ohne viel Mühe auf der Lein-
wand mit dem Pinsel wie auf einem Instrument

zu spielen und unabhängig von dem „Quälen-
den des Kubischen", wie Hildebrand sagt, oder
der Pose des Modells die Natur dort zu er-
fassen, wo der Sonnenschein des Mittags nicht
hindringt und doch aller Jubel des Lebens wie
sein Geheimnis lächelnd grüßt und schafft.
Pellar ist kein Philosoph, der mit der Miene
des Weltweisen über den Sinn des Daseins
meditiert, kein Grübler, der die Tiefen des
Lebens zu ergründen sich müht, und kein Pro-
phet, dessen hellsehendes Auge der Kunst neue
Welten zeigt. Dazu ist er viel zu sehr Wiener
von echtem Schrot und Korn. Er hat etwas von
dem Leichtsinn und der Lustigkeit Schwinds,
etwas von seinem kindlichen Frohsinn und
seinen träumerischen Augen, seinem Hang
zum Fabulieren. Nur ist die philiströse Enge
aus seinen Bildern verbannt, und der elegante
Weltmann hat keinen Sinn für derbe Bäuerlich-
keit. Pellars Kunst besitzt nichts direkt Vater-
ländisches. Was sie auszeichnet, ist eben eine
kosmopolitische Eleganz; sie besitzt etwas von
den französischen distanzgebietenden Manieren
und doch eine harmlose deutsche Kindlichkeit.
Dabei ist Pellar das Malen weniger Arbeit
als Lust. Er läßt sich von flutenden Wellen
einer starken Sinnlichkeit tragen, zeigt uns
lächelnd im Gewände des Kulturmenschen die
animalische Wildheit des Lebens und doch zu-
gleich den Adel und den Zauber seines Wesens,

1913. IV. 1.

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