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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Mahlberg, Paul: Vom Plakat als Erzieher des Kunstsinns
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0205

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VOM PLAKAT ALS ERZIEHER DES KUNSTSINNS.

VON PAUL MAHLBERG.

Seine Geschichte ist kurz, aber seine Idee
kommt aus der Tiefe der modernen inter-
nationalen Entwicklung. Wo sie zum ersten-
mal in ihrer jetzigen Form in die Erscheinung
tritt, ist gleichgültig und überdies wohl nicht
genau festzustellen. Eine neue Zeit und eine
neue Gesinnung ist da, nimmt nicht an einem
Punkt ihren Anfang, wohl aber an einer Stelle
historisch faßbare Gestalt an. Aus der Ver-
gangenheit springt sie in klarster Formulierung
aus dem Werk eines Einzigen, heutzutage steckt
sie in einem Komplex künstlerischer Erschei-
nungstypen. Es ist eine Funktion der Kunst,
Erscheinungen der Welt und ihrer Ansichten zu
organisieren, und das erhebt sie über die Natur.
Um den Akt im Aktsaal kann man hundertmal
herumgehen, ohne einen Schritt weiterzukom-
men; man hat eben hundertmal soundsoviel
Ansichten. Das Kunstwerk enthält alle in einer.
Vor dem gemalten Bild gibt es keine andere

Ansicht, vor der Statue haben wir einen Stand-
punkt, von dem aus alles im schönsten Maße
vor uns ausgebreitet liegt, von dem aus wir mit
der Erkenntnis des stilistischen Wesens der
Darstellung die klare Erkenntnis von dem Geist
der Zeit haben, der sie in die Welt der Erschei-
nungen entließ.

Welches sind nun die Hauptthemen, in denen
die Kunst in den verschiedenen Epochen funk-
tioniert? Für die Malerei ist es in früheren
Zeiten das profane (historische) Fresko, dann
das Altarblatt, ferner das Tafelbild für das
Privathaus. Während sich nun früher der reiche
Privatmann als der häufigste Stifter von Altar-
blättern in kunstpädagogischer Hinsicht neben
die Kommune und den Herrscher stellte (die
sich meist in die Aufträge für die erste Gruppe
der offiziellen Kunst teilten), kommt er jetzt
fast nur mehr als Auftraggeber und Käufer für
seine häusliche Galerie in Betracht. Er entzöge

PROFESSOR EMANUEL V. SEIDL-MÜNCHEN. LANDHAUS SCHMIDT-GERSTUNG IN HOLZKIRCHEN. BLICK INS WOHNZIMMER.

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