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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Braungart, Richard: Vom Kunsthandel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0457
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Vom Kunsthandel.

ARCHITEKT HUGO PAL—BERLIN.

MARMORHAUS-THEATER. BLICK AUF DIE BUHNE«

sei, in zehn oder zwanzig oder fünfzig Jahren
zu höchsten Preisen gekauft werde. Aber ein
Kaufmann sei kein Sammler, der Bilder auf
langfristige Spekulation kaufen könne. Ein
Händler müsse vor allem kurante Ware führen,
Artikel, die in der Gegenwart begehrt werden.
Ein Kunsthändler, der nicht über enorme Ka-
pitalien verfüge, könne daher nicht viele Tau-
sende in Kunstwerken festlegen, von denen er
glaube, daß sie einmal das sechs- oder zehn-
oder zwanzigfache des heutigen Preises wert
sein werden. Sein Kapital müsse sich sofort,
und zwar so hoch wie möglich verzinsen; und
deshalb müsse er sich an das Wirkliche und
Wahrscheinliche halten und die Finger von
Spekulationen lassen.

Außerdem, meinte der Mann, erschwere viel-
fach das Sujet moderner Bilder ihren An- und
Verkauf. Akte, und wären sie noch so dezent,
seien so gut wie unanbringlich, soweit die bür-
gerliche Privatkundschaft in Frage käme. (Wenig-
stens war dies noch bis vor kurzem so; in jüngster
Zeit allerdings scheint man auch bei uns weniger

prüde geworden zu sein, wie die guten Ver-
käufe einiger Kunstsalons just in diesem „Ar-
tikel" beweisen.) Ebenso ungünstig seien die
Chancen für die heute so häufigen Bilder großen
Formats. Der Privatmann verfüge eben nur
selten über geeignete Wände für solche um-
fangreiche Kunstwerke, und selbst wenn sie
vorhanden seien, gelänge es fast nie, die unbe-
dingt nötige Distanz zu den Bildern zu ge-
winnen. Die öffentlichen Galerien aber wüßten
längst nicht mehr, wo sie die alljährlichen Zu-
gänge (Ankäufe und Zuwendungen Privater)
unterbringen sollen, und wollen daher eben-
falls nicht viel von großen Leinwanden wissen.

Gegen dieses Urteil eines praktischen Fach-
mannes ist kaum etwas Stichhaltiges einzu-
wenden. Der Mann hätte auch noch beifügen
können, daß ein großer Teil der modernen Bil-
der, die trotzdem gekauft werden, in die Hände
von (meist privaten) Spekulanten wandert, für
die durchaus nicht immer der persönliche Ge-
schmack, sondern ein ganz bestimmtes, geschäft-
liches Kalkül maßgebend ist. Man erinnert sich

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