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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Michel, Wilhelm: Internationale Kunstausstellung München 1913, [1.]: Deutschland, Österreich-Ungarn und Schweiz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0127

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JOSEF KUGLER -MÜNCHEN.

GEMÄLDE »CAPRICCIO«

INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG MÜNCHEN 1913.

I. DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH-UNGARN UND SCHWEIZ.

Uberall auf der malenden Erde liegt das Heute
mit dem Gestern im Streite. Die neuen
Tendenzen dringen vor, das Alte bremst mit
Macht, und in einer Ausstellung von der eigen-
artigen Zusammensetzung der Internationalen
im Münchner Glaspalast gibt es da häufig schrille
Dissonanzen, lehrreiche und unterhaltende Be-
gegnungen des einen mit dem andern.

Der konservative Grundcharakter des Glas-
palastes ist bekannt. Manches, was da ausge-
stellt wird, ist reine Erwerbsangelegenheit,
heute wie vor 10 Jahren, und hat mit Kunst nichts
weiter gemein als die Herstellungsmittel. Jahre-
lange Übung macht da den Kritiker zum Meister,
zum Meister der Auslese. Denn Kritik hat es
schließlich doch nur mit denjenigen Leistungen
zu tun, die wenigstens mit dem Ansprüche
auf neuwertige künstlerische Selbstdarstellung
einer Zeit und eines Menschen auftreten.

Selten dürfte es sich in der Kunstgeschichte
ereignet haben, daß Jugend, neues Sehen und
neues Darstellen so unvermittelt und plötzlich
m den geheiligten Bezirk des künstlerischen
Schaffens eindrang, wie das j etzt geschieht: ohne
anzuklopfen, heftig, herrisch und begehrend.
Das bricht so mancheEntwicklungsreihe jäh ent-
zwei und macht die Zweiteilung der Perioden

im Leben zeitgenössischer Künstler stereotyp.
Dieses Gegeneinander von Alt und Jung macht
den Hauptzug im Charakter des heurigen Glas-
palastes aus. Die Ausstellung ist deshalb be-
sonders lehrreich; sie birgt infolge dieser un-
mittelbaren Benachbarung gänzlich verschiede-
ner Strebungen ein wertvolles Studienmaterial,
das Lernbegierige nicht ungenutzt lassen sollten.

Im Mittelpunkt des Interesses steht, wie bei
der Internationalen von jeher, die „Sezession".
Es ist oft über ihren Mangel an Nachwuchs ge-
klagt worden; ich hatte diesmal den Eindruck,
daß jetzt in der Tat beachtenswerte jüngere
Kräfte nachdrängen, Künstler, die sich der Ver-
dunkelung durch Temperament und Können der
Alten dadurch entziehen konnten, daß sie sich
die neu erschlossenen Möglichkeiten ausgiebig
zu nutze machten. Wenn man beispielsweise
bedenkt, was Heinrich Zügels Schüler im allge-
meinen zu sein pflegen: nämlich Verkleine-
rungen, schwächere Ausgaben des Meisters,
dann nötigt ein Entwicklungsweg wie derjenige
Julius Seylers Achtung ab; Achtung für
ihn selbst und Wertschätzung eben dieser neuen
Möglichkeiten, die dem Nachwuchs zu rascher
Befreiung und nicht sehr kostspieliger Indivi-
duation verhalfen. Die Sezession ist heuer voll

1913/H.II.i.

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