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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Klingers Japanerin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0270

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T/LINGERS „JA-
PANERIN". Diese
jüngste Plastik Max
Klingers gehört zu-
gleich mit zu seiner
besten Kunst. Als
Bildhauer will man
ihn heute nicht gelten
lassen, als Maler auch
nicht, und nur der
Radierer hat seinen
gesicherten Ruhm. In
Wahrheit werden wir
dieser komplexen
Erscheinung nicht
mehr ganz gerecht.
Der Durchschnitt der
künstlerischen Pro-
duktion bei uns ist
hoch. Und doch wird
man sich eines Tages
sagen, dag diese
Kunst nur wertvoll
sei im Durchschnitt.
Menschen von über-
ragender Bedeutung
sind vielleicht schon
geboren. Aber so-
lange wir sie noch
nicht sehen, sollten
wir uns jener nicht
ganz entwöhnen, die
zum Glück noch unter
uns sind. Selbst die
Gegner von Klingers
Kunst haben die
große Persönlichkeit
stets respektiert. Und
dieses „Porträt einer
Japanerin" zeigt ihn
auch als Plastiker
von hohem Rang.
Klinger sieht das
Modell nicht mit den
Augen unserer jun-
gen Bildhauer. Man
erkennt deutlich den
Zusammenhang sei-
ner Kunst mit dem
Realismus vor Ro-
din, Maillol u. Minne.
Die leise betonten
Formen dieses mäd-
chenhaften Körpers,
die ein wenig melan-
cholischen und rüh-
rend graziösen Kur-

LEUCHTERKRONEN VON RICHARD L. F. SCHULZ—BERLIN.

ven der Linienfüh-
rung, die sparsame
Bewegung der glat-
ten Oberfläche - die-
se lerjte meisterliche
Einfachheit ist das
Produkt einer erle-
senen seelischen und
handwerklichen Kul-
tur. Was seine Kunst
von dem Bildhauer-
Realismus der vori-
gen Generation un-
terscheidet, das ist die
Durchgeistigung der
Formen. Er bringt das
tote Material zum Re-
den und fast zu sehr.
Der hübsche Kopf
des Modells, dessen
mongolischen Typus
man kaum erkennt,
erscheint so ähnlich
in der charakteristi-
schen Drehung nach
rechts, der Blick der
Augen (mit den tief
gebohrten Pupillen)
ist so beobachtend,
fast lauernd, daß
man sich dem Bereich
dieser aktiven Figur
lieber entzieht. Das
sind Nebenwirkun-
gen von Klingers
Kunst, mit denen wir
zu rechnen gewohnt
sind. Das reizvolle
Auf und Ab bewegter
Formen aber, die
beglückende Empfin-
dung, dafj alle diese
Einzelformen Ele-
mente einer höheren
künstlerischen Ord-
nung sind, bedeuten
dem Kenner mehr als
die Einfühlung in eine
noch so interessante
Psyche. Freilich nann-
te Klinger dies Werk
mit gutem Grund ein
„Porträt". Es ist so-
gar ein bedeutendes
Kunstwerk geworden,
mit vielen meisterli-
chen Einzelheiten. E.B.

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