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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Roessler, Arthur: Zu den Bildern von Koloman Moser - Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0294

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Zu den Bildern von Koloman Moser.

rischen Bildwirkung geopfert werden müssen.
— Professor Moser hat im Verlaufe seiner ex-
perimentativen Malerei erkannt und gefunden,
daß in letzterem Falle der Komposition oder
Zusammenstellung des Gegenständlichen im
Räume der Bildfläche, derHell-Dunkelbewegung
im Verhältnisse zum Gegenstand und zum Raum,
und der Farbenverteilung, wieder im Kontrast
oder Ausgleich zu den übrigen wichtigen bild-
künstlerischen Momenten, eine große Aufmerk-
samkeit zuzuwenden ist.

Wir wollen hier besonders betonen — was
dem Verständigen aus den beigegebenen Bild-
reproduktionen ersichtlich wird —, daß der
einigermaßen in Verruf geratene Begriff Kom-
position in den hervorragendsten Kunstwerken
alter und neuer Zeit nicht etwa lediglich im
geistigen Erfassen oder in der mehr oder min-
der phantastischen, d. h. willkürlichen Darstel-
lung von Gegenständlichem beruht, sondern
daß durch ein verfeinertes Zusammenstellen,
Zusammenfügen (componere) des aus der Fülle
derNatur entnommenen oder geistig erschauten
Gegenständlichen mit den künstlerischen Aus-
drucksmitteln jenes harmonische Ganze ent-
steht, das die Bedeutung und den Gehalt des
Gegenständlichen erhöht und eigentlich erst
zur künstlerischen Geltung zu bringen vermag.

Die an ein Kunstwerk gestellten Forderungen
sind freilich stets durch Zeit und Umstände be-
dingt, verschieden. Es wird deshalb vorkom-
men, daß auch das ausgeglichenste Kunstwerk,
das wir im höchsten Maße zu bewundern im-
stande sind, nicht immer voll den zeitlichen
Zweck erfüllt; aber vom Persönlichkeitsstand-
punkt, dem Standpunkt, den der Schaffende ein-
nimmt, wird seinWerk ste ts hochinteressant sein.

Das stark männlich und individuell ausge-
prägte Wesen Kolo Mosers bewahrte ihn, der
ein feinspürender Witterer der die Seelen und
Geister der Gegenwart durchbebenden Bewe-
gungen ist, vor der Gefahr äußerer oder innerer
Abhängigkeit. Er hat sich keinen Malgötzen
aufgerichtet, keine der vielen „allein selig
machenden" Malriten gewählt, sondern dient
der Göttin, der Kunst, auf seine Weise. Und
diese Weise ist gut, ehrlich, inbrünstig, und
losgelöst als Malerei von allem Ornament, allem
bloß Dekorativen. Das von ihm bisher Voll-
brachte ist, nach seiner eigenen Meinung, noch
nicht das Vollendete, darf aber, wenn es von
uns auch nur als Verheißung geschätzt werden
soll, ein Beginn genannt werden, der für die
Zukunft ungemein Hochwertiges verspricht.
Möge dem Künstler und uns die Erfüllung
dieser Hoffnung beschieden sein. a. rösler.

koloman
moser.

»studie«
1910.
 
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