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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Michel, Wilhelm: Architekten Dagobert Peche - Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0221

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ARCHITEKT
D. PECHE-
WIEN.

BILD »DAS
MÄRCHEN «

t

ARCHITEKT D. PECHE—WIEN.

Hier ist Stimmung des modernen kunstge-
werblichen Wien: viel Chik und Anmut,
viel Sinn für preziös-paradoxen Ausdruck. Eine
Begabung, die von Instinkt durchaus kunstge-
werblich ist, was gerade durch das hier repro-
duzierte Bild schlagend dargetan wird: denn
dies ist Fläche, von feinem kunstgewerblichem
Schmucktrieb belebt; weniger starke künst-
lerische Potenz, als Sinn für holden Zierat,
spielerische Augenlust. Leicht ist alles, was
Peche bietet, leicht und lächelnd wie die Dinge
des Rokoko, wenn auch die Kurve eine andere
ist. . . . Diese Fensterwand steht da wie eine
leichte praktikable Kulisse, geistreich, hübsch
hingesagt; ein lyrisches Stückchen Innenraum
voll des Reizes eines modernen Szenenbildes;
große Flächen, günstig für die Bewegung
schlanker Figuren, denen sie einen faßlichen,
stimmungsvollen Fond geben. Lyrisch ist die
Art, wie das achtfüßige Zierschränkchen dunkel
vor der weißen Wand steht, still feierlich,
glänzend in seinen sorglich bearbeiteten Flächen,
gleichsam mit angehaltenem Atem. Die Vor-
derfläche wie ein Stück aus einer modernen

Wiener Tapete, mit abgeschnittenem Rap-
port; ein sonderbarer Einfall das, eine salon-
mäßige Pikanterie. Von den acht Füßen
freilich könnten vier füglich entbehrt werden,
sagt man sich. Aber dies ist eine Kunst,
die spielt und scherzt und jedenfalls mit An-
mut sündigt. Der Gebrauchszweck, an dem
wir ja schon lange nicht mehr die Qualitäten
einer Innenraum-Schöpfung messen, steht hier
nicht im Vordergrund. Die Anmut, die spre-
chende Linie wird gesucht, das fesselnde Bon-
mot, der überraschende, blitzende Aphorismus.
Daher liegen auf geschwungenen, zierlichen
Stuhlfüßen matratzenartig abgesteppte dicke
Polster; daher baut sich darüber streng quadra-
tisch und fast ohne Kurve die Lehne auf. Daher
legt sich über den ornamentalen Schwung von
vier eleganten Tischfüßen eine starke viereckige
Platte, ganz Ruhe und gefaßteste Knappheit.
Daneben entfalten Sofa und Sessel alle Üppig-
keit ihrer gepolsterten Rundungen und ver-
vollständigen den Eindruck lächelnder, welt-
männischer Paradoxie. Am glücklichsten ist
Peche wohl in seinen Stoffen. Sie zeigen inner-

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