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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

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Mayer, Alfred: Alice Trübner
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https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0139

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ALICE TRÜBNER f

Am 20. März ist Alice Trübner, 40 Jahre
1 V alt, aus dem Leben geschieden. — Die
leider viel zu früh dahingeschiedene Gattin
Wilhelm Trübners war in Kunst und Leben
eine Zierde ihres Geschlechts. — Geboren in
Bradford in England, entstammte sie einer vor-
übergehend dort angesiedelten deutschen Fa-
milie namens Auerbach. Elf Jahre alt, kam
sie mit ihrer Familie
nach Frankfurt a. M.
und verblieb in
Deutschland bis zu
ihrem Tode. Ihre
Mutter war Englän-
derin, ihre außerge-
wöhnlich schönen
Gesichtszüge waren
von einer Großmut-
ter aus Spanien auf
sie übergegangen.
Um Malerin zu wer-
den, ging sie 1896
nach München in
die Zeichen - Schule
Schmid-Reutte.
Vom Herbst 1898 bis
zu ihrer Verheira-
tung 1900 malte sie
im eigenen Atelier.
Im Sommer 1899
stellte sie in der Mün-
chener Sezession ihr
erstes Bild, eine
große Landschaft
„Dächer im Ge-
witter", aus, ein
Bild, das schon da-
mals jene dunkle Farbenharmonien aufwies,
die späterhin ihren geschmackvollen Stilleben
eine so charakteristische Schönheit verleihen
sollten. Mit ihrem Lehrer Wilhelm Trübner und
dessen Schule machte sie in Amorbach Land-
schaftsstudien. Durch die von Trübner bevor-
zugte Primamalerei angeregt, begann sie in ihrem
Atelier nach lebenden Modellen zu malen.

Im Zusammenhang mit Abbildungen wird
man späterhin an dieser Stelle auf den weiteren
künstlerischen Entwicklungsgang der Malerin
zurückkommen, die in glücklicher Ehe mit
Wilhelm Trübner verbunden, ihm eine beruf-
liche Stütze, fachmännischer Beirat und Mit-
kämpferin in künstlerischer Beziehung gewesen
ist. Ihre Persönlichkeit zeichnete sich durch

\I.1CE TRÜBNER—KARLSRUHE, GESTORBEN äO. MÄRZ 191 6.

hervorragende Eigenschaften aus. Mit abso-
lutem Kunstverständnis und einer einzigartigen
Kameradschaftlichkeit verband sie ein untrüg-
lich sicheres Gefühl für die Begabung eines
Menschen. Ihre Geistesgaben gingen weit über
das Alltägliche hinaus. Mit intuitiver Sicher-
heit erkannte sie das Wesentliche, das ent-
scheidend Wertvolle in alter und neuer Male-
rei. Was sie für sich
als gut und schön
entdeckt hatte, da-
ran wollte sie andere
teilnehmen lassen.
— Auch auf dem
Gebiete der Wohl-
tätigkeit, wozu der
Helferinnen - Dienst
während der Kriegs-
zeit reichliche Gele-
genheit zur Betäti-
gung bot, war sie
von größter Opfer-
bereitschaft, weil sie
auch die größten pe-
kuniären Opfer da-
bei nicht scheute. Es
blieb ihr nicht er-
spart, von Seiten ei-
neskleinlichen Spieß-
bürgergeistes ver-
kannt zu werden,
denn auch den Hel-
ferinnendienst faßte
sie von so großen
Gesichtspunkten auf,
daß sie wie ein tap-
ferer Soldat im Dien-
ste des Vaterlandes ihr Leben zu opfern bereit
gewesen wäre. So konnte man auf sie während
einer großen Zeit als Vorbild echt weiblicher
vaterländischer Tugenden hinweisen. Und
wem jemals die Ehre zuteil wurde, das Trüb-
nersche Heim in Karlsruhe kennen zu lernen,
der sah eine Hausfrau das Szepter führen, die
etwas Mustergültiges an Hauswesen hinzu-
stellen vermochte. Herausgerissen aus tätig-
stem Leben, hinterläßt Alice Trübner einen
trauernden Gatten und einen verwaisten Sohn,
der der Mutter ähnlich sieht. Hier wird hoffent-
lich ihr Geist am stärksten fortwirken. Aber
auch viele dankbare Freunde werden das An-
denken an die Vorzüge dieser adligen Seele
immerwährend hochhalten. . . . alfred mayer.
 
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