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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 38.1916

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Mayr, Karl: Das Haus und die Kunst Max Feldbauers
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https://doi.org/10.11588/diglit.8538#0261
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BLICK AUF MITTERNDORF B. DACHAU.

RECHTS »HAUS MAX FELDBAUER«

DAS HAUS UND DIE KUNST MAX FELDBAUERS.

Nördlich von München schnellt sich die Am-
permunter durchs malerb erühmte Dachauer
Moos. Die grüne Ebene begrenzen tertiäre
Flinzberge, auf denen sich breit der gemütliche
Markt mit den Resten seines weithin leuchten-
den alten Schlosses lagert. Einige Kilometer
weiter gegen Westen nisten auf einem etwas
niedrigeren Hügelzug Bauern in einem kleinen
Dorf, dem Bild einer bescheidenen, anheimeln-
den, oberbayerischen Haufensiedelung. Das ist
Mitterndorf. Vor den reinlichen Häusern schiebt
sich ein freistehender Kegel in die Ebene, den
vor Jahrtausenden die Willkür stürmender
Wogen hier abgesetzt hat. Jahrhunderte lang
schabten die Bauern von ihm den Sand für
Mörtel und Mauerspeise weg, bis er schließlich
allein und abgetrennt auf mooriger Weide da-
lag und seinem Ende entgegentrauerte. Da kam
eines Tags ein Münchener Maler; den erbarmte
die geologische Merkwürdigkeit, er kaufte den
Berg und stellte sein Haus darauf. Nun schim-
mert das burgartige, weiße Gewände Feld-
bauers mit dem Dach aus Solnhofer Platten,
auf denen sich schon leise ein gelber Schimmer
ansetzt, durch das Eichengestrüpp des Ab-
hangs und den selbstgepflanzten Ginster ins
flache Land und grüßt hinüber zum fürstlichen
Gemäuer von Dachau. Am Fuß der Anhöhe
ist eine Koppel eingezäunt, in der sich zu Frie-

denszeiten das brave Modellroß tummelt und
damit kein Pfad die scheue Wildnis, das Leben
der Eidechsen und Hasen zu stören braucht,
hatte der Hausherr den Einfall, eine lange ge-
waltige Brücke, aus mächtigen Baumstämmen
und Schwellen geformt, unmittelbar aus der
Tiefe zum Gipfel zu führen; als ob Laune und
Faust eines Riesen sie hingesetzt hätte, so steht
das ungeheuerliche Gebilde da.

Das Haus, von Deslisle und Ingwersen er-
baut, ist ein richtiges Münchener Malerheim,
wie es die mittlere Generation der Gegenwart
versteht. Die Hauptsache, das Atelier, eine
schlichte Werkstatt ohne jeden Flitter und
Gschnas, fast nüchtern, aber hell und geräumig.
Die Wohnräume von angenehm wechselndem
Rhythmus der Gestalt, hygienisch, die Einrich-
tung familienhaft gemütlich, die Lichtführung
für ein Malerauge unterhaltend und anregend;
keine Altertümelei, kein süddeutscher Barock,
aber auch kein kaltes Neu-empire und keine
slawisierende Buntheit. Die Vorteile der neuen
Entwicklung sind benutzt, aber ohne Dogma-
tismus und Konsequenzmacherei. Die Boden-
verhältnisse dienen dazu noch mehr Abwechs-
lung in die Anlage zu bringen: von den nied-
rigen Tortürmen des Eingangs her gelangt man
über einen kleinen Anstieg sofort in den ersten
Stock. Bezaubernd schön ist der Blick aus den
 
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