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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Gerstenberg, Kurt: Hoffnung auf die deutsche Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0203

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PROF. GEORG HERT1NG—HANNOVER.

» RELIEF VOM DU VE-BRUNNEN, HANNOVER«

HOFFNUNG AUF DIE DEUTSCHE KUNST.

VON DR. KARL GERSTEN BERG.

Herrlicher deutscher Sommer 1914, wohin
bist du verweht? Hast du die Ernte ge-
bracht, die wir schon in vollen Ähren wogen
sahen? Wohin kam die Klarheit der Augen
und die Reinheit des Herzens jener Tage, wo
wir nur uns gehörten? Damals stand eine deut-
sche Kunst so nahe vor uns. Als ob wir nur
zuzugreifen brauchten, sie aller Welt zu offen-
baren. -_ Deutsch im Stoff, deutsch im Gehalt,
deutsch auch den Mitteln nach: so haben die
Besten gefühlt. Aber geschrieen haben es die
andern, die kein inneres Recht dazu hatten. Es
war ein Klüngel der Unzufriedenen, der Auch-
Künstler niederer Ordnung, denen ihr Ich höher
steht als die Kunst. Sie konnten gewiß keine
deutsche Kunst schaffen, sie dachten auch gar-
nicht so weit, sie wollten nur die fremde Kunst
beiseite schaffen. Sie war ihnen verhaßt nicht
als Form dem geistigen Werte nach, sondern

als käufliches Gut auf dem Kunstmarkt. Die
diese Trommel rührten, waren selbst verkappte
Händler und schändeten den Tempel. Unter
dem Schutzmantel deutscher Gesinnung sollten
die lästigen Mitbewerber ein für allemal aus
dem Wege geräumt werden. Wer scharfe Augen
hatte, sah das Lammfell um ihr Wolfsgebein
schlottern. Aber neben diesen, die den Schlamm
peitschten, haben doch die andern in kristall-
klarer Umgebung gelebt. Sie blieben stumm.
Das waren die berufenen Wärter der Kunst.
Denn die Kunst läßt sich nicht von der Zeit

gebieten. —

Wir haben es nun selber erlebt: die großen
Gefühlserlebnisse schlagen sich am schnellsten
rein nieder in Dichtung und Musik, kurzum im
Liede. Dafür hatten wir als Vorläufer über
zeitliche Schöpfungen, die unvergänglichen
Lieder aus dem niederländischen Unabhängig-

XX. Dezember 1916. 5
 
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