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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Kruse, Käthe: Zu meinen Puppen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0299
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FRAU KÄTHE KRUSE.

»KÄTHE KRUSE-PUPPEN €

ZU MEINEN PUPPEN.

Man hat gegen meine kleinen 11 cm. hohen
Soldaten, neben aller Bewunderung ihrer
Natürlichkeit, drei skeptische Einwände ge-
macht: erstens: ein Stück Holz sei noch das
allerbeste Spielzeug für das Kind und zweitens:
da man Soldaten massenweis besitzen muß, so
seien sie drittens: mit 2 M. und 2,50 M. zu teuer.

Den ersten Einwand würde ich im Interesse
der Kinder gern gelten lassen, aber dann müßte
die Allgemeinheit unserer Kinder sehr anders
aufwachsen können, als es der Fall ist. — Auf
dem Lande, in Luft und Sonne, unbekümmert
und von keinem Zwang gehemmt, ja dann mag
wohl die Phantasie schwelgen. Jedoch auch
diese Kinder brauchten noch Anregung, wenn
sie nicht vegetieren sollen wie kleine Bauern.
Und je mehr diese Anregung aus dem leben-
digen Leben kommt, desto größere Möglich-
keiten eröffnet sie der spielerischen Phantasie.
Ich bin aber gegen stilisiertes Spielzeug und
gegen Witz und Karikatur und Charakter im
Spielzeug. — Dies alles greift der Phantasie
des Kindes vor, setzt ihr ein Halt.

Das Kind, das heute eine gute Erziehung ge-
nießt, hat zum Selbstentwickeln seines Spiel-
zeugs vom Holzklotz an gar nicht mehr die Zeit.

— Abgesehen davon, daß es zu viel sieht, als
daß seine Vorstellungskraft dauernd in einem
Holzklotz Genüge fände. Und das Kind strebt
nicht nach Witz, Karikatur und Charakter. —
Es hat für diese Spielereien der Großen gar
kein Gefühl. Es wird versuchen, diese Bei-
gaben auszuschalten um, gleichsam mit ge-
schlossenen Augen, sich aus der Karikatur ein
beseeltes Wesen zu machen, ein natürliches
Geschöpf, ein veränderliches, nicht ein für alle
Mal auf eine (gewöhnlich nicht sehr sympathi-
sche) Note festgelegtes. Oder es geht etwa auch
auf diesen Humor der Großen ein, wobei es
Schaden an seiner Seele nehmen muß.

Also wir können nur zweierlei tun. Entweder
dem Kinde überhaupt kein Spielzeug schenken
(Bilderbücher kann es sich aber nicht machen)

— oder, wenn wir es anregen wollen, dann
kann was wir ihm in die Hand geben gar nicht
ehrlich und naturähnlich genug sein, um seine
Phantasie günstig zu befruchten.

Der zweite Einwurf verkennt den Unterschied
zwischen den bekannten steifen Soldaten aus
Zinn oder sonst einer Guß- oder Preßmasse mit
den Meinen, beweglichen. Die ersteren sind
zum Aufbauen bestimmt, zu nichts weiter, und

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