Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

DOI article:
Müller-Wulckow, Walter: Bedruckte Stoffe der oberrheinischen Leinenindustrie: Max & Kleinberger, Frankfurt a. M. und Schlitz (Oberhessen)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0251
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
BEDRUCKTE SEIDENDECKE. ENTWURF: PROF. E. R. WEISS.

BEDRUCKTE STOFFE DER OBERHESSISCHEN LEINENINDUSTRIE

MARX & KLEINBERGER, FRANKFURT A. M. UND SCHLITZ (OBERHESSEN).

Die Farbe kam in der Entfaltung des moder-
nen Kunstgewerbes zeitlich — nicht der Be-
deutung nach — an zweiter Stelle. Man mag
die Ursachen hierfür suchen wo man will, man
wird die Tatsache nie umgehen können, daß
die erste Phase der Neubelebung gewerblicher
Kunst auch in der Farbe puritanisch war oder
aber — vor Disharmonien nicht zurückschreckte.
Das Krasse, Unvermittelte und oft noch Kahle
der Frühjahrszeiten ließ sich eben nicht ver-
leugnen. Seit aber im guten Fortgang des Auf-
strebens eine gewisse Blüte eingetreten, haben
auch die Farben den nötigen Zusammenklang
und damit eine ihrer Wirkungsmöglichkeit ent-
sprechende Beachtung erlangt.

Dieses Sekundäre mag wohl seine Ursache
haben in der viel tiefer gehenden stofflichen
Gebundenheit der Farbe vor der Form. Die
Form kann, bei vielen Materialen wenigstens,

nachträglich hinzugefügt oder geändert werden.
Die Farbe dagegen ist in dieser Hinsicht elemen-
tarer, stoffgebundener, und man muß schon in
dem Bearbeitungsprozeß des Rohmaterials meist
viel weiter zurückgehen, will man die Art der
Farbigkeit beeinflussen. Deshalb haben denn
auch in jenem ersten Jahrzehnt, dessen Höhe-
punkt in der Dresdner Ausstellung liegt, die im
Stück gefärbten Möbel und Dekorationsstoffe
die Oberhand gehabt, an denen das Auge als
an entschiedenen Einzelfarben seinen Reiz fand.
Es lag aber etwas Ungeschlachtes in dem Zu-
sammentreffen solch ungebrochener, kahler
Flächen, und es muß als ein Zeichen der Ver-
feinerung anerkannt werden, sobald in der
mehrfarbigen Musterung der Stoffe die Farben-
zusammenstimmung selbst schon geläutert dar-
geboten wurde. So kommt denn in dem zweiten
Entwicklungsabschnitt (wenn wir Wandlungen,

235

XX. Juli 1917. 4
 
Annotationen