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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Westheim, Paul: Vom Geruhig Schönen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0331

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ENTWURF: LEONIE LEHFELD.

PUPPE »JAPANERIN «

VOM GERUHIG SCHÖNEN.

VON PAUL WESTHEIM.

Ein bezeichnendes Kriegserlebnis war ein
Spitzweg-Bil der buch, das durch irgend-
einen Zufall mir vorigen Winter mit der Feld-
post nachgeschickt worden war. Eine Zeitlang
war es das Labsal der Wache, auf der ich mich
befand. Männer aller Schichten, die das Schick-
sal da zusammengewürfelt hatte, waren er-
griffen von der Besinnlichkeit und Herzlichkeit
der Spitzwegschen Krähwinkeliaden. So viel
Heimeliges und Anheimelndes war in dieser
Kunst nach all den Unheimlichkeiten die einem
in schweren Wochen und Monaten beschieden
gewesen waren. Es war ein Drängen um diese
Bildchen, viel stärker, als wenn es irgendeine
der blutrünstigen Aktualitäten gewesen wäre,
nach denen von den Leuten da draußen wahr-
lich kein Begehren war. — So bezeichnend es
ist, so erklärlich ist es auch, daß die Sehnsucht
aller nach der Heimat und am allerstärksten
nach dem Heim, den stillen Freuden des Zu-
hause ging. Jeder schwärmte auf seine Weise
und jeder hatte da ein anderes Behagen, von

dem er mit Wehmut sprach. Was früher nur
als Rahmen, nur als Zutat galt, ist Verlangen
geworden, riesengroß! Draußen im Schlamm
und Eis, da haben wir das Trauliche und Zarte
schätzen gelernt, man ist bescheiden geworden
im Äußeren und wiederum auch anspruchsvoll,
voller Sehnsucht, begehrlich nach dem Inner-
lichen. — Es bedarf keiner prophetischen Be-
gabung, daß die Menschen, die diesen Krieg
hinter sich haben werden, mit einer gewaltigen
Ergriffenheit hängen werden an allem, was ihr
Heim, ihre wahre und wirkliche Zuflucht an-
heimelnder macht. Und gerade die feinen ge-
pflegten, innerlich kostbaren Dinge, die Dinge,
die irgendwie aus dem Seelischen kommen und
die Seele ansprechen, werden ihnen die Ent-
spannung bieten, nach der sie lechzen. — Ob
es große oder kleine Kunst sein wird, Bild-
liches oder Gewerbliches, das Begehren wird
immer gleich mächtig sein. Auch die Frauen-
künste, das beseelte Nadelwerk, so weit es
mehr als Spielerei mit Formen und Farben und
 
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