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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Renatus, Kuno: Ausstellung der "Neuen Secession" München 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0122

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Ausstellung der -»Neuen Sezession« München igij.

AUSSTELLUNG DER „NEUEN SEZESSION" MÜNCHEN 1917.

In diesen Tagen ist man froh über jedes Stück
Idealismus, wo man es findet. Auch wenn
seine Darstellung sichtlich durch den Krieg ge-
hemmt erscheint, und wenn das Bild, in dem
es sich darbietet, bereits etwas stereotyp-wieder-
kehrendes anzunehmen beginnt. Dieses Gleich-
bleibende des Eindrucks ist nicht etwa in der
Ausschließlichkeit eines Programmes bedingt.
Die Münchener Neue Sezession ist überhaupt
nicht durch ein spezielles Richtungsprogramm
geeint — zwischen Rudolf Sieck und Paul Klee
hätten ungefähr sämtliche Richtungen Platz —
sondern durch das Programm der persönlichen
Qualität. Aber der Kreis der führenden Persön-
lichkeiten erscheint doch ziemlich geschlossen.

Fragt man, wer in der Ausstellung am re-
präsentabelsten zur Geltung kommt, so muß
man wiedereinmal Gustav Jagerspacher und
Carl Caspar nennen. Caspar hat seine reli-
giöse Malerei in Richtung einer grecistisch-
flammenden Stilisierung vertieft. Jagerspacher
behauptet ungefähr den Punkt, den er mit seiner
so verführerisch überredenden Behandlung des
Fleisches erreicht hat.

Und zu vielen und zwar gerade recht tüch-
tigen Arbeiten können wir uns bei dem be-
schränkten Raum mit der Bemerkung begnügen,
daß sie, an ihrem Urheber gemessen, eine Be-
harrung in der gefundenen Art und eine Behaup-
tung des erreichten Niveaus darstellen. Was
in dieser schöpferischen Anregungen nicht holden
Zeit kein Lob mit Vorbehalt ist. Wir nennen so in
einem Atem: Julius Hess mit zwei Proben seines
vollsaftigenKolorismus, Maria Caspar-Filser
mit ihrer warmherzigen Landschaftskunst,
Feldbauer, Lichtenberger, Otto Kopp.

Was uns diese Ausstellung wert macht, das
ist ein wirkliches Vermögen, gewisse Dinge
naiv vorzutragen — der bloße Wille zur Naivität
wäre kein Ereignis, denn der ist ja verbreitet
genug — das uns in manchen Bildern vorhanden
scheint. Oskar Coesters Landschaften haben
etwas von dem altmodischen Reiz der Werke
älterer Generationen und eine Unbefangenheit
ist in ihnen, wie wir sie uns modernen Nerven-
menschen immer unerreichbar glaubten. In
Walter Teutschs „Landschaft mit der Linde"
gar steckt eineUnbekümmertheit, ein malerisches
Drauflosfabulieren, daß man sich — ohne alles
Archaisieren! — an einen alten Meister erinnert
fühlt. Mit modernsten Mitteln erzählt Richard
Seewald, aber was seine Arbeiten so wertvoll
macht, ist schließlich kein Kriterium abstrakter
Farbenbehandlung, sondern die Ursprünglich-
keit der darin sich ausdrückenden Malerphan-
tasie, die unmittelbar den Übergang findet von
modernstem Malerwissen zu der Fabulierkunst
guter alter Volkskalender. Adolf Schinnerers
Kunst spricht diesmal aus den graphischen Ar-
beiten, namentlich den Lithographien vom Haus
zum Silbernagel, reicher zu uns. Max Unold
erzählt vom Soldatenleben mit grotesker Sim-
plizität, aber die Kaserne ist nun einmal so öde.
Echter Naivität und Größe des Ausdrucks strebt
Pell egrini mit seinerKomposition„Begegnung"
nach. Er scheint uns darin glücklicher als
Schülein mit seiner „Heimsuchung", der uns
dafür in seinen Landschaften umsomehr mitzu-
teilen hat. Innere Naivität bei strengster Be-
schränkung auf das Sachlich-Nötige ist es, was
die Landschaften von Ahlers-Hestermann
(Hamburg) so angenehm empfiehlt.
 
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