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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Kullberg, Emil Frithjof: Maler Arthur Illies, Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0289

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Maler Arthur Mies—Hamburg.

ARTHUR ILLIES—HAMBURG.

»BILDNIS DES DICHTERS OTTO ERNST«

tods in einer norddeutschen Landschaft auf-
gehen zu lassen, als ob Golgatha überall zu
finden wäre. Man erinnert sich des Meister
Grünewald Altars in Colmar und der wunder-
baren Wirkung der Rheinlandschaft in dem
Kreuzigungsbilde. Eine ähnliche, völlig über-
zeugende Wirkung gibt auch Mies in seiner Land-
schaft. Einen Gegensatz hierzu schafft er in der
Bewegung der Gruppen um die drei Kreuze.

Dieser Zug der Lebenden, der talaufwärts
strebt, erscheint, als gingen die Menschen nicht,
sondern schwebten. Dann die einzige Gruppe um
den Gekreuzigten und im Mittelgrund gegen den
Waldhügel: das Söldnerheer. Im Vordergrund
aber erweckt die versunken kauernde Gestalt
des alten Mannes, weitabgewandt und einsam,
als ob ihn weder Tod noch Leben mehr er-
schüttern kann, ganz besondere Aufmerksam-
keit. Diese wunderbare Rätselfigur allein gibt
dem stark realistischen Gesamtbilde jenen
eigenen Hauch von Mystik, wie er nicht an-
empfunden, sondern stark erlebt auf den Be-
schauer übergeht. Es ist wie die Ahnung, daß
von' dieser ! einzigen zusammengesunken da-
sitzenden Gestalt die Rätsel des Lebens und
des Todes ausgehen.

Für Arthur Mies als Künstler wird es Lebens-
frage bedeuten, ob er dieser Schöpfung in Form

und Farbe einmal die endliche Gestaltung geben
darf. Denn dieser große Karton bedingt eine
Wand. Gelingt es ihm, dieses einzigartige Bild
in ganzer Farbenpracht einmal als Darstellung
für eine Kirche vielleicht malen zu dürfen, so
würde damit seiner Künstlerlaufbahn der große,
ja entscheidende Weg gewiesen werden. —
Denn ein Ziel ist es entschieden, was der Maler
Mies mit diesem Bilde erreicht hat. Das Pro-
blematische, mit dem er sich in vielen Arbeits-
jahren immer wieder herumgeschlagen hat, der
Wille, den Weg zu finden, wird diesmal in den
reinen Tönen des klaren Erkennens aufgelöst.

Etwas von der Kraft und Stärke, das von
seinem Lutherbilde ausgeht, besitzt Mies selbst
als künstlerische Persönlichkeit. Seiner Empfin-
dung lag es, diese echt deutsche, tiefgrüblerische
Natur, in einem fast dämonischen Ausdruck
geoffenbart, darzustellen. In der bezeichnenden
Geste, mit der das Buch der Bücher umklam-
mert wird und die in den Worten ausklingt: „Das
Reich muß uns doch bleiben", liegt neben der
Verheißung unbedingt viel auch von der großen
Sehnsucht des Schaffenden selbst.

Mies war seit vielen Jahren Leiter einer
kunstgewerblichen Klasse in Hamburg. Seit
1908 ist er Lehrer für figürliche Malerei an der
Staatlichen Kunstgewerbeschule in Hamburg.
 
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