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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Utitz, Emil: Kunstgewerbliche Graphik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0386

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tapete von j. zuber & co.—rix heim > wandbekleidung für empfangsraum«

KUNSTGEWERBLICHE GRAPHIK.

von prof. dr. emil utitz.

(Fortsetzung von s. 260.) Man übersah bei den
Steinzeichnungen allzuoft eine weit verbreitete
seelische Eigentümlichkeit: wenn jemand eine
Sache liebt, so pflegt er sich eifrig mit ihr zu be-
schäftigen. Und dieses emsige Eingehen in die
Sache fördert immer neue Eigenschaften, die der
Blickbishernicht bemerkte. Einegleichsamnuan-
cenlose Sache bietet für die Liebe der meisten
nicht genug Ansatzpunkte; sie ist zu schnell er-
ledigt, erschöpft, innerlich überwunden. Was
folgt nun daraus für unsere Angelegenheit? sucht
jemandeinAbbild der Stadt, derLandschaft usw.,
die er innig liebt, so verlangt er gewöhnlich, daß
die Arbeit ihm möglichst viel von der Nuancen-
fülle biete, einem erneuten Betrachten neue
Reize offenbare usw. Er will nicht nur das
Charakteristische der Gesamtsilhouette, die
Wirkung einer bestimmten Beleuchtung, eine
einzige schwebende Stimmung, sondern weit-
gehende Porträtähnlichkeit, in die möglichst

viele Züge der Wirklichkeit verwoben sind. Und
besonders befriedigt zeigt er sich oft dann, wenn
das graphische Werk von der zärtlichen Liebe
beseelt erscheint, die er selbst empfindet. Dann
sieht er die ihm werte Ländschaft oder Stadt
gleichsam verklärt, in die sehnsüchtig scheue
oder leidenschaftlich innige Liebe getaucht,
die seiner Ansicht nach mit Recht den betreffen-
den Gegenständen zukommt. All das sind gewiß
keine rein künstlerischen Ansprüche, aber doch
auch nicht solche, welche die Kunst nicht zu-
lassen könnte. Sie stellen vielmehr berechtigte
Aufgaben für die Kunstgestaltung dar, Aufgaben
einer erweiterten Porträtkunst. Und sie sind
von einer schier unübersehbaren Reihe alter
Stiche glänzend begriffen und ausgezeichnet
gelöst worden. Die moderne Graphik findet
nur selten den in diesem Sinne richtigen Stand-
punkt. Oft bietet sie nur eine Impression. Sie
kann glänzend sein — ein in sich vortreffliches
 
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