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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 42.1918

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Kraft, Leonhard: Kameen von Karl Berthold - Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7199#0276

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KAMEEN VON KARL BERTHOLD-DARMSTADT.

EinenDarmstädterKünst-
ler reißt das großeWelt-
geschehen aus der stillen
Werkstatt und wirft ihn aufs
Schlachtfeld hinaus. Aber
der Drang zum Gestalten
schläft nicht. Als sich be-
sinnliche Stunden der Muße
einstellen, wird er in K.
Berthold allmächtig. Doch
ein anderes ist es ihm da-
heim, ein anderes ihm drau-
ßen im Felde zu folgen, wo
alle Hilfsmittel fehlen, wo
nur wenig Werkzeug zur
Verfügung steht. Die be-
kannte Rosamuschel er-
schließt sich der Bear-
beitung. In sie gräbt der
junge Goldschmied seine
Künstlerträume, und wäh-
rend der Stichel von den
weichen oberen Schichten
in die farbigeren und här-
teren darunter vordringt,
entsteht zur Formenfülle der
rosig aufleuchtenden Kamee
eine prächtig ersonnene Fas-
sung aus Edelmetall und
kostbarem Gestein, welche
die durch Künstlerhand ge-
adelte wertlose Muschel auch
sinnfällig zur Kostbarkeit
stempelt. Aber nur die Ka-
mee wird Wirklichkeit. Das
andere aufs Ganze gehen-
de Schaffen des Künstlers
bleibt Traum, den eine
friedlichere Zeit ihm in die
Wirklichkeit überzuführen
vergönnen mag. Immerhin
läßt auch das Geschaffene
schon die schönsten Hoff-
nungen als berechtigt er-
scheinen. Ist auch der Ge-
danke, aus der Rosamuschel
Kameen zu schneiden, nicht
neu, so zeigen Bertholds
Schöpfungen doch beson-
ders in dem „Faun mit den
Trauben" und dem „Stamm-
halter" ein geschicktes Ver-

KAMEE IN MUSCHEL-SCHALE ERHABEN
GESCHNITTEN »FAUN MIT TRAUBEN«

KAMEE »FÜLLHORN« IN MUSCHEL-SCHALE
ALS FLACHRELIEF GESCHNITTEN.

K. BERTHOLD—DARMSTADT. Z. ZEIT IM FELDE.
LEHRER AN DER KÖNIGL. ZEICHEN AKADEMIE
FACHSCHULE F. EDELSCHMIEDEKUNST-HANAU.

werten des Materialreizes,
der voller und weicher For-
mengebung so sehr ent-
gegenkommt, zur Erhöhung
der plastischen Wirkung.
Beim Flachrelief, das leicht
dünn erscheint und in Ge-
fahr gerät der nötigen Ge-
schlossenheit zu entbehren,
kommt das weniger zur
Geltung. — Der vertiefte
Gemmenschnitt der Antike
nutzte die Halbedelsteine
für seine künstlerischen Ab-
sichten und den praktischen
Zweck der Siegelherstellung.
Mancher schön geschnittene
Amethyst aus den Tagen
der römischen Kaiserzeit
diente in dieser Art noch
späteren mittelaltrigen Ge-
schlechtern. Aber auch er-
haben geschnittene Kameen,
für welche jene Zeit schon
die Struktur der Steine
künstlerisch verwertete,
haben sich in selten schö-
nen Stücken in den Samm-
lungen erhalten. — Wenn
dies Feld der Kleinkunst,
der intimsten Wirkung, eine
Neubelebung erfahren soll,
so scheint allerdings, als ob
ihm diese nicht unter der
Hand des neuzeitlichen Gra-
veurs werden könnte. Der
aufs Ganze sehende Gold-
schmied, dessen Werk nicht
fertig ist, wenn er den Sti-
chel aus der Hand legt,
könnte die Kamee zu dem
Gliede werden lassen, das
sich dienend an ein Größe-
res anschließt, sei dies nun
in Fassung als Schmuck-
stück einer schönen Frau
oder als Medailloneinsatz
eines Pokals. Der „Stamm-
halter" und der „Faun" le-
gen es nahe, Gedanken die-
ser Art auszuspinnen.....

DR. LEONH. KRAFT—DARMSTADT.
 
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