Die Erotik des Künstlers.
Hindernis, sondern eher eine Elevation bedeu-
tete. Man denke an Tizian, vor allem an Rubens
oder an Nachfahren wie Makart, auch an Rodin
selbst, der seinemSatzzuwidersprechenscheint.
Allerdings stand ihnen die Kunst am Höchsten
und ihr Lieben war dieser hehren und himm-
lischen Göttin, zu der sie in Wahrheit allein
beteten, vollständig Untertan; sie konnten sich
nicht an das Weib verlieren, so groß die Rolle
auch sein mochte, die dieses in ihrem Leben
spielte. Mozart und Goethe sind diesen Re-
naissancenaturenbeizuzählen, leuchtende Gipfel
der Menschlichkeit, während die Kleists, Grab-
bes und Christian Günthers in Verirrung dahin-
gingen. Auf sie paßt, was Goethe über Christian
sagte: „Er wußte sich nicht zu zähmen, und so
zerann ihm sein Leben und sein Dichten".
Von der Robustheit des Renaissance-Men-
schentums sind wir freilich weit entfernt. Die
Seelenverfassung hat sich geändert, sie ist sen-
sibel , differenziert im höchsten Maße, von
Hysterie gesteigert, wenn man das Wort nicht
im pathologischen Sinne, sondern als äußerste
Spannung nervöser Energien nehmen will. Die
Erotik ist ein geistig seelischer Zustand, der
seine höchste Seligkeit nicht im materiellen
Begriffe, sondern nur im Schöpferischen finden
kann, in der Kunst. Schöpferische Menschen
und Epochen sind in diesem Sinne immer
hysterisch. Die Erotik ist demnach eine uner-
läßliche Voraussetzung des Künstlers, die in
ihm liegt und wirklich nichts mit seinem Ver-
hältnis zum Weibe, wohl aber mit seinem Ver-
hältnis zur Kunst zu tun hat. Denn nicht auf
das Nackte in der Kunst kommt es an, nicht
auf das Weib als Gegenstand der Kunst, sondern
auf die mystische Ekstase des Künstlers, die seine
Erotik ist. Nicht ausdrücklich genug kann es
gesagt werden, daß die Erotik keine Angelegen-
heit der Geschlechterbeziehung untereinander
ist, sondern eine innere geistige Angelegenheit
des Künstlers, eine geistige Kraft und eine
seelisch schöpferische Funktion. Das Erotische
ist ein integrierendes Element des Kunstwerks,
nicht als Objekt der Darstellung, sondern als
Subjekt; es ist die universelle Liebe des Künst-
lers, der mystische Grund seiner Zeugungskraft,
der tiefste Kern seines Gefühlslebens, das ein
sinnlich übersinnliches Geschlechtsleben ist.
Dieses Gefühlsleben ist von den Zeugungskräften
der Unendlichkeit durchströmt und erregt, deren
Gezeiten für ihn Schaffensgesetz sind. Er horcht
auf dieses unendliche Strömen, unbekümmert
um Satzung und Doktrine; alles fließt; der
unterirdische Styx fließt durch seine innere Welt,
die Schranken fallen selbst zwischen Leben und
Tod, Eros begleitet seine Lieben aus dem Orkus,
aus dem er stammt, von dem er kommt und geht.
— Frauenliebe steht nur in einem sehr mittel-
baren Zusammenhang damit; höher steht dem
wahren Künstler die ideelle und visionäre Liebe,
das ist seine Erotik und er fühlt sich darin Giotto,
Dante und Beethoven verwandter als den Kraft-
naturen der Renaissance, die das Zweiseelen-
wesen, die Zwiespältigkeit der modernen Seele
kaum noch kannten. Die Sehnsucht, die große
Illusion ist das wichtige seelisch künstlerische
Kapital, das freilich durch materielles Ausleben
im Erotischen vergeudet und für die Kunst ver-
loren gehen kann, die immer schlecht daran ist,
wenn die Ekstase verraucht und dieEnttäuschung
oder Ermüdung, die Interesselosigkeit oder der
Katzenjammer eintritt; das ist die Gefahr, vor
der Rodin, Balzac und soviele warnen, die um
das Geheimnis der schöpferischen Liebe und
der spirituellen Kraft wußten.
Dieses erotische Element als magisch mag-
netisches Fluidum ist im Grunde etwas sehr
Elementares wie das Instinktleben des Insekts,
des Vogels, des hellsichtigen Pferdes, die auf
die feinsten ätherischen Schwingungen unfehl-
bar reagieren wie es nur noch das höchstorga-
nisierte sensible Seelenleben, nicht aber der
kalte Verstand vermag, der unempfindlich gegen
diese fluidistischen Gezeiten und okkulten
Seelenvorgänge ist, weshalb der reine Ver-
standsmensch den Künstler nicht immer zu ver-
stehen vermag, dieses geheimnisvolle Weltge-
schehen, das sich in jeder Kunst symbolisiert,
diese geistigen Ströme, die Berge versetzen und
unablässig das Antlitz der Zeiten verändern.
Der wahre Künstler ist der wahre Liebende,
er liebt die Tiere, die Natur, die er beseelt und
auch seine Liebe zum Weibe ist eine Sehnsucht
nach dem visionären Ideal, das er innerlich
trägt und nur künstlerisch realisieren kann.
Das Weib ist nur eine Suggestion für ihn, die
illusionäre Schönheit, die er im Weibe erblicken
kann, hervorzuwirken in der überirdischen
Vollkommenheit, die nicht das Leben, sondern
nur die Kunst geben kann. Trotz seines viel-
fachen Liebens ist der wahre Künstler innerlich
frei und nur seiner schöpferischen Vision ver-
pflichtet, das waren die Großen aller Zeiten
auch Rubens und Tizian unter ihnen, so gut
wie Giotto, Dante, Beethoven, Rodin, um nur
einige zu nennen. Er taucht auf diesen ver-
borgenen Grund und sein Schaffen heißt Ge-
bären, indem es von seiner schöpferischen
Liebe zeugt, von dem erotischen Element der
Zeugung, das bestimmt ist, Gegenliebe und
Sympathie, verwandte Kräfte in der Seele des
Kunstliebenden zu erwecken und Magie weiter-
zutreiben wie alle Kunst...........j. a. l.
Hindernis, sondern eher eine Elevation bedeu-
tete. Man denke an Tizian, vor allem an Rubens
oder an Nachfahren wie Makart, auch an Rodin
selbst, der seinemSatzzuwidersprechenscheint.
Allerdings stand ihnen die Kunst am Höchsten
und ihr Lieben war dieser hehren und himm-
lischen Göttin, zu der sie in Wahrheit allein
beteten, vollständig Untertan; sie konnten sich
nicht an das Weib verlieren, so groß die Rolle
auch sein mochte, die dieses in ihrem Leben
spielte. Mozart und Goethe sind diesen Re-
naissancenaturenbeizuzählen, leuchtende Gipfel
der Menschlichkeit, während die Kleists, Grab-
bes und Christian Günthers in Verirrung dahin-
gingen. Auf sie paßt, was Goethe über Christian
sagte: „Er wußte sich nicht zu zähmen, und so
zerann ihm sein Leben und sein Dichten".
Von der Robustheit des Renaissance-Men-
schentums sind wir freilich weit entfernt. Die
Seelenverfassung hat sich geändert, sie ist sen-
sibel , differenziert im höchsten Maße, von
Hysterie gesteigert, wenn man das Wort nicht
im pathologischen Sinne, sondern als äußerste
Spannung nervöser Energien nehmen will. Die
Erotik ist ein geistig seelischer Zustand, der
seine höchste Seligkeit nicht im materiellen
Begriffe, sondern nur im Schöpferischen finden
kann, in der Kunst. Schöpferische Menschen
und Epochen sind in diesem Sinne immer
hysterisch. Die Erotik ist demnach eine uner-
läßliche Voraussetzung des Künstlers, die in
ihm liegt und wirklich nichts mit seinem Ver-
hältnis zum Weibe, wohl aber mit seinem Ver-
hältnis zur Kunst zu tun hat. Denn nicht auf
das Nackte in der Kunst kommt es an, nicht
auf das Weib als Gegenstand der Kunst, sondern
auf die mystische Ekstase des Künstlers, die seine
Erotik ist. Nicht ausdrücklich genug kann es
gesagt werden, daß die Erotik keine Angelegen-
heit der Geschlechterbeziehung untereinander
ist, sondern eine innere geistige Angelegenheit
des Künstlers, eine geistige Kraft und eine
seelisch schöpferische Funktion. Das Erotische
ist ein integrierendes Element des Kunstwerks,
nicht als Objekt der Darstellung, sondern als
Subjekt; es ist die universelle Liebe des Künst-
lers, der mystische Grund seiner Zeugungskraft,
der tiefste Kern seines Gefühlslebens, das ein
sinnlich übersinnliches Geschlechtsleben ist.
Dieses Gefühlsleben ist von den Zeugungskräften
der Unendlichkeit durchströmt und erregt, deren
Gezeiten für ihn Schaffensgesetz sind. Er horcht
auf dieses unendliche Strömen, unbekümmert
um Satzung und Doktrine; alles fließt; der
unterirdische Styx fließt durch seine innere Welt,
die Schranken fallen selbst zwischen Leben und
Tod, Eros begleitet seine Lieben aus dem Orkus,
aus dem er stammt, von dem er kommt und geht.
— Frauenliebe steht nur in einem sehr mittel-
baren Zusammenhang damit; höher steht dem
wahren Künstler die ideelle und visionäre Liebe,
das ist seine Erotik und er fühlt sich darin Giotto,
Dante und Beethoven verwandter als den Kraft-
naturen der Renaissance, die das Zweiseelen-
wesen, die Zwiespältigkeit der modernen Seele
kaum noch kannten. Die Sehnsucht, die große
Illusion ist das wichtige seelisch künstlerische
Kapital, das freilich durch materielles Ausleben
im Erotischen vergeudet und für die Kunst ver-
loren gehen kann, die immer schlecht daran ist,
wenn die Ekstase verraucht und dieEnttäuschung
oder Ermüdung, die Interesselosigkeit oder der
Katzenjammer eintritt; das ist die Gefahr, vor
der Rodin, Balzac und soviele warnen, die um
das Geheimnis der schöpferischen Liebe und
der spirituellen Kraft wußten.
Dieses erotische Element als magisch mag-
netisches Fluidum ist im Grunde etwas sehr
Elementares wie das Instinktleben des Insekts,
des Vogels, des hellsichtigen Pferdes, die auf
die feinsten ätherischen Schwingungen unfehl-
bar reagieren wie es nur noch das höchstorga-
nisierte sensible Seelenleben, nicht aber der
kalte Verstand vermag, der unempfindlich gegen
diese fluidistischen Gezeiten und okkulten
Seelenvorgänge ist, weshalb der reine Ver-
standsmensch den Künstler nicht immer zu ver-
stehen vermag, dieses geheimnisvolle Weltge-
schehen, das sich in jeder Kunst symbolisiert,
diese geistigen Ströme, die Berge versetzen und
unablässig das Antlitz der Zeiten verändern.
Der wahre Künstler ist der wahre Liebende,
er liebt die Tiere, die Natur, die er beseelt und
auch seine Liebe zum Weibe ist eine Sehnsucht
nach dem visionären Ideal, das er innerlich
trägt und nur künstlerisch realisieren kann.
Das Weib ist nur eine Suggestion für ihn, die
illusionäre Schönheit, die er im Weibe erblicken
kann, hervorzuwirken in der überirdischen
Vollkommenheit, die nicht das Leben, sondern
nur die Kunst geben kann. Trotz seines viel-
fachen Liebens ist der wahre Künstler innerlich
frei und nur seiner schöpferischen Vision ver-
pflichtet, das waren die Großen aller Zeiten
auch Rubens und Tizian unter ihnen, so gut
wie Giotto, Dante, Beethoven, Rodin, um nur
einige zu nennen. Er taucht auf diesen ver-
borgenen Grund und sein Schaffen heißt Ge-
bären, indem es von seiner schöpferischen
Liebe zeugt, von dem erotischen Element der
Zeugung, das bestimmt ist, Gegenliebe und
Sympathie, verwandte Kräfte in der Seele des
Kunstliebenden zu erwecken und Magie weiter-
zutreiben wie alle Kunst...........j. a. l.