Träume und Räume.
Plötzlich durchströmt Orgelrauschen die Schiffe,
flutet in schwerem Wogenschlag durch die sich
kreuzenden Gewölbe, bricht sich an den mäch-
tigen Pfeilern. In jeder Nische scheint eine
Orgel zu atmen und zu singen, so erschüttert
ist die ganze weite Kirche vom Klang. . . .
Und der Klang baut weiter. Aus den Ak-
korden steigen farbige Wände, die zierlichen
Melodien klettern gleich Stegen und Wendel-
treppen in die Höhen und Tiefen; in kühnen
Bögen übersetzen sie die Abgründe. .. Dumpfe
Glockentöne wachsen zu schwarzen Säulen.. .
Dazwischen bimmeln die kleinen hohen Glöck-
chen der Zierblumen und Lampenschirme. Die
weiß und roten Schirmkaskaden fallen in blaue
Säle, mit roten Logen und roten Damastsitzen...
Silberfiguren tauchen auf, überreift von weißer,
schneeiger Filigranarbeit. . . . Goldene Ritter
starren aus schwarzen Ebenholznischen. . . .
Wilde Urweltfeuer flammen die Marmorwände
hoch. ... In Glasschränken ruhen zwischen
Facetten und Spitzennestern eingebettet Klei-
node, erblindet von Alter, zitternd in Schön-
heit. .. Da leuchten gefesselte Lichter, Perlen-
schlangen kriechen und heben sich und schlingen
Bögen an jede Ecke und jeden Knauf im Weiten.
Da ziehen rosa Wolken zum Fenster herein,
vom Himmel her.... Flügel schwirren wie von
hundert Engeln. . . Der Raum weitet sich wie-
der zur Kirche, zur Lichtkirche. Weißes Licht
stäubt von oben herein. Auf weißen Putzwän-
den flimmern, von Strahlenbündeln und Wolken
durchzogen, die blaurotgelben aufgelösten Bil-
der, die von Liebe, Sonne und glühender Hin-
gabe erzählen... Alles Holzwerk kühl blau...
Viel Glas. . . .
Von dieser Pleinairkirche entführt dich Hyp-
nos in kühle Klosterkorridore, treppauf, treppab,
wechselnd rosa, mattgelb, bläulich, wie durch
Stationen der Läuterung. . . Du findest dich
zwischen Holzgestühl nistend, in Daunengewölk
versinkend, stolz auf Thronen über Saalweiten
blickend und gleich einem irren Geist zwischen
Säulenwäldern streifend. . . . Neue Räume tun
sich auf und andere fangen sich schon in den
Spiegeln. . . Da fallen lässig die Segel des
Traumes zusammen, du mußt ins Reich der
Wirklichkeit, d. h. der Hemmungen und Ent-
täuschungen ZUrÜck........anton jaumann.
Ä
Jede Kunst ist Gestaltung des Gesellschaftswesens
ihrer Zeit. Nur in dem Maße wie sie die tiefst be-
wegendsten Kräfte dieser Zeit einfängt und im Sym-
bol des Kunstwerks der Allgemeinheit wieder zu-
führt, hat sie Daseinsberechtigung innerhalb der
Allgemeinheit, die hier ihr geistiges Sein im ver-
klärten Abbild wiederfindet...... paul bkkkkr.
PROF. HERMANN GRADL-MUNCHEN. »RADIERUNG«
Plötzlich durchströmt Orgelrauschen die Schiffe,
flutet in schwerem Wogenschlag durch die sich
kreuzenden Gewölbe, bricht sich an den mäch-
tigen Pfeilern. In jeder Nische scheint eine
Orgel zu atmen und zu singen, so erschüttert
ist die ganze weite Kirche vom Klang. . . .
Und der Klang baut weiter. Aus den Ak-
korden steigen farbige Wände, die zierlichen
Melodien klettern gleich Stegen und Wendel-
treppen in die Höhen und Tiefen; in kühnen
Bögen übersetzen sie die Abgründe. .. Dumpfe
Glockentöne wachsen zu schwarzen Säulen.. .
Dazwischen bimmeln die kleinen hohen Glöck-
chen der Zierblumen und Lampenschirme. Die
weiß und roten Schirmkaskaden fallen in blaue
Säle, mit roten Logen und roten Damastsitzen...
Silberfiguren tauchen auf, überreift von weißer,
schneeiger Filigranarbeit. . . . Goldene Ritter
starren aus schwarzen Ebenholznischen. . . .
Wilde Urweltfeuer flammen die Marmorwände
hoch. ... In Glasschränken ruhen zwischen
Facetten und Spitzennestern eingebettet Klei-
node, erblindet von Alter, zitternd in Schön-
heit. .. Da leuchten gefesselte Lichter, Perlen-
schlangen kriechen und heben sich und schlingen
Bögen an jede Ecke und jeden Knauf im Weiten.
Da ziehen rosa Wolken zum Fenster herein,
vom Himmel her.... Flügel schwirren wie von
hundert Engeln. . . Der Raum weitet sich wie-
der zur Kirche, zur Lichtkirche. Weißes Licht
stäubt von oben herein. Auf weißen Putzwän-
den flimmern, von Strahlenbündeln und Wolken
durchzogen, die blaurotgelben aufgelösten Bil-
der, die von Liebe, Sonne und glühender Hin-
gabe erzählen... Alles Holzwerk kühl blau...
Viel Glas. . . .
Von dieser Pleinairkirche entführt dich Hyp-
nos in kühle Klosterkorridore, treppauf, treppab,
wechselnd rosa, mattgelb, bläulich, wie durch
Stationen der Läuterung. . . Du findest dich
zwischen Holzgestühl nistend, in Daunengewölk
versinkend, stolz auf Thronen über Saalweiten
blickend und gleich einem irren Geist zwischen
Säulenwäldern streifend. . . . Neue Räume tun
sich auf und andere fangen sich schon in den
Spiegeln. . . Da fallen lässig die Segel des
Traumes zusammen, du mußt ins Reich der
Wirklichkeit, d. h. der Hemmungen und Ent-
täuschungen ZUrÜck........anton jaumann.
Ä
Jede Kunst ist Gestaltung des Gesellschaftswesens
ihrer Zeit. Nur in dem Maße wie sie die tiefst be-
wegendsten Kräfte dieser Zeit einfängt und im Sym-
bol des Kunstwerks der Allgemeinheit wieder zu-
führt, hat sie Daseinsberechtigung innerhalb der
Allgemeinheit, die hier ihr geistiges Sein im ver-
klärten Abbild wiederfindet...... paul bkkkkr.
PROF. HERMANN GRADL-MUNCHEN. »RADIERUNG«