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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Tannenbaum, Herbert: Gute Zigarren-Packungen: Ausstellung des "Freien Bundes" in der städt. Kunsthalle Mannheim. Ergebnisse eines Wettbewerbs der Firma Paul J. Landmann, Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0089

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t. PREIS. ZIGARREN-PACKUNG . DFCKELRILI >.

ERNST HEIGENMOOSER—M ÜNCHF.N.

GUTE ZIGARREN-PACKUNGEN.

AUSSTELLUNG DES »ERKIEN BUNDES« IN DER STADT. KUNSTHALLE MANNHEIM.
ERGEBNISSE EINES WETTBEWERBS DER FIRMA PAUL J. LANDMANN, MANNHEIM.

Kein Gebiet der Gebrauchsgraphik ist an
eine so eigensinnige Tradition und an einen
so besonderen Geschmack des breiten Publi-
kums gebunden, wie die Zigarren-Packung. So
müßte man sagen, wenn man den Zigarren-
fabrikanten Glauben schenken will, die allen
neuen Versuchen immer wieder die Einrede
entgegenhalten: so etwas wolle ihr Käuferkreis
nicht, oder: das alles möge gute Kunst sein,
aber ihr Publikum sei dafür noch nicht „reif".
Mit solchen Entgegnungen stellt sich der Pro-
duzent abwehrend vor seine Kunden, deren an
und für sich neutralen Geschmack (denn sie
kaufen, was sie sehen) er so bei seinem ein-
seitigen Urteilsvermögen einseitig präjudiziert.

Immer war es die sogenannte echte Packung,
die die Richtung angab, jener Kistenschmuck,
der den Havanna-Zigarren mit auf den Weg ge-
geben wurde. Nach dem besonderen Geschmack
ihrer südlichen Heimat war sie über und über
bedeckt mit erhaben geprägten Goldmünzen,
die zuerst als wirklich verliehene Auszeich-
nungen der Zigarrenfabriken, noch eine schwa-
che innere Berechtigung hatten, die aber schließ-
lich als willkürlich erfundene Medaillen nur ein
gedankenloses Schmuckelement darstellten. Sie
umrahmten in Verbindung mit einem Ornament

aus Tabakblättern südländische Motive, Szenen
aus den Tabakplantagen, Ansichten von Ha-
vanna und ähnliches. Da nun auch das ein-
heimischste Kraut wenigstens in seiner Auf-
machung einer echten Havanna gleichen sollte,
hielt man sich ganz und gar an die ausländischen
Vorbilder, wobei man sich durch übertrieben
süßliche Farbengebung, durch geschmacklose
Auswahl der Motive und dilettantische Art der
Zeichnung bemühte, südländischer zu tun als
der Südländer selbst.

Freilich gab es eine Zeit — sie liegt etwa
70 Jahre zurück — die es verstand, in hand-
werklich tüchtiger Arbeit unter verständiger
Verwendung der wesentlichen traditionellen
Elemente reizvolle Packungen zu fertigen. Da-
mals stand dem Handwerker noch Gefühl für
Sachechtheit, Erfindungsreichtum und techni-
sches Können zur Lösung einer solchen Auf-
gabe, mit der wir heute leider den Künstler
beauftragen müssen, zur Verfügung. Die Er-
innerung an die Zeit dieses Könnens ist in un-
seren Tagen fast ganz geschwunden.

Worauf es nun heute bei dem reizvollen
Sondergebiet der Zigarren-Packung hauptsäch-
lich ankommt, ist dieses: an die guten Inhalte
der Tradition anzuknüpfen, ihre Wesensele-

XX"L April-Mai 1920. 9

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