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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Osborn, Max: Hugo Krayn
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0109

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HUGO KRAYN t-BERLIN.

»SELBSTBILDNIS UND MUTTER« 1918.

HUGO KRAYN f.

VON MAJC OSBORN.

Berlin hat in den schrecklichen, von Unheil,
Krankheiten und schwersten Erschütte-
rungen heimgesuchten Anfangsmonaten des
Jahres 1919 in seiner Künstlerschaft eine ganze
Kette traurigster Verluste erlitten — Wilhelm
Lehmbruck starb und Franz Metzner und Louis
Tuaillon, Martin Brandenburg und Theo von
Brockhusen, schnell hintereinander wurden sie
fortgerissen — aber keinen hat die Stadt tiefer
betrauert als Hugo Krayn. Nicht nur weil er
den tragischen Tod eines Dreiunddreißigjährigen
erlitt, der mitten in aufwärts führender Ent-
wicklung unbarmherzig von einer tückischen
Seuche gefällt wurde, sondern weil er selbst
ein Stück Berlin war, von seinem Körper und
von seinem Geist. Im kurzen Lebenswerk dieses
Malers spiegelte sich zugleich die große Wand-
lung der berlinischen Kunstgesinnung im neuen
Jahrhundert. Am Beispiel einer fest im Boden
ihrer Herkunft verwurzelten Persönlichkeit ward
hier, wenn wir jetzt den Ablauf rückschauend
überblicken, die Wegbiegung klar, die aus der

alten Naturtreue der norddeutschen Schule zu
völlig anders gearteten Programmen führte.

Krayn begann als ein jüngerer Baluschek. Er
ging durch Berlin und sah mit offenen Augen
ins Herz der Stadt. Der soziale Geist der acht-
ziger und neunziger Jahre wirkte in ihm fort,
zu einer Zeit, da die Gedankenwelt des Natu-
ralismus schon entthront und der Geist der
Revolution noch nicht erwacht war. Nachklang
und Vorklang war in ihm. Sorgen, die ihn aus
der eigenen Nähe anstierten, mögen ihr Teil
dazu beigetragen haben. Aber entscheidend
war doch offenbar ein innerer Trieb, sich mit
der Last der Lebens- und Menschenprobleme
auseinanderzusetzen, die ringsum lagerten. Die
Schicht der Beladenen und Gequälten, die in
einer mechanisierten Industriewelt als Maschi-
nenteile eingeordnet sind, fesselte seinen Blick,
beschäftigte seine Empfindung. Er malte sie
als ein ehrlicher, scharfer Beobachter und als
ein Künstler, dem Wirklichkeitsschilderung an
sich Freude macht. Das große Bild des Ge-
 
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