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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Osborn, Max: Alt-Berliner Porträts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0172

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Alt-Berliner Porträts.

KARL BLECHEN. ZEICHNUNG »ARCHITEKT MAUCH«

wärtiger Stücke überhaupt nicht mehr rechnen
konnte. Und so beschränkte man sich im wesent-
lichen auf berlinisches Material. Der Kreis
war dadurch kleiner geworden, aber er hatte
auch an Einheitlichkeit und Geschlossenheit
gewonnen, und was wir nun sahen, war ein kul-
turgeschichtliches und gesellschaftsgeschicht-
liches Denkmal von so hohem Reiz, wie wir es
in dieser Form kaum jemals genossen haben.
Gewiß, nicht allein die künstlerische Arbeit
fesselte in jedem Einzelfall, sondern auch die
Menschen, die dargestellt waren. Man muß
sich das bei solchen Gelegenheiten sehr deut-
lich klar machen, um nicht zu falschen Ein-
schätzungen zu gelangen. Bei einerhistorischen
Porträtschau bezaubert manches Werk durch
die Präzision der Vergangenheitsstimmung auch
ohne besondere malerischeQualität. Allerdings:
wie angenehm war der Verkehr mit diesen ver-
sunkenen Generationen eines glücklicheren, be-
haglicheren, anspruchsloseren und geistigeren
Berlin! Das waren Leute, die Zeit hatten. Leute,
die ihr Leben als ehrliche Verwalter eines gott-
gegebenen Geschenks sich entwickeln und aus-
reifen ließen. Es quoll daraus Genuß und Lehre
und etwas wie Trost für unsere Verworrenheit.
Und das große Einheitsgefühl, das allen Epo-
chen deutschen Lebens bis zum Beginn des
großen materiellen Aufschwungs in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts eigen war, ord-

nete selbst Kunstwerke geringeren Grades in
die beruhigte Totalität einer organisch heran-
gewachsenen künstlerischen Kultur ein. Stadt
und Menschen und Kunstschöpfungen waren
von denselben festumrissenen und klar über-
blickbarenLebensgesetzenbestimmt. Auch Ta-
lente, die nicht in der ersten Reihe marschierten,
ja schlicht handwerkliche Begabungen wurden
durch so glückliche Umstände gesegnet. . .

Der leitende Gedanke der akademischen Aus-
stellung war, aus versteckteren Quellen zu
schöpfen. Die wenig bekannte Kunstsammlung
der Akademie selbst gab den Ausgangspunkt
des ganzenUnternehmens ab und bildete seinen
Kern. Dann forschte man in anderen Staats-
instituten nach. Dann bei den Sammlern und
vor allem bei den alten Berliner Familien. Und
so gelang es mit Eifer und Glück, vor allem
durch die ausgebreitete Kenntnis von Professor
HansMackowsky, eine ganzeFülle vonStücken
hohen Wertes aus verborgenen Winkeln her-
vorzuziehen. Anderes, das im einzelnen den
Kennern schon vertraut war, auch früher schon
— so bei der unvergeßlichen Jahrhundertaus-
stellungvon 1906 — als Entdeckung überrascht
hatte, rückte nun erst in den rechten Zusam-
menhang und erhielt neue Wirkung. — Kostbar
entfaltete sich vor allem das endende Berliner

JOHANN GOTTFRIED SCHADOW. »BILDNIS-ZEICHNUNG«
 
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