Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

DOI Artikel:
Jacob, Paul: Gaston Béguin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0195

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gaston beguin—le locle. »füllung in hochrelief

GASTON BrZGUIN.

Der junge Schweizer Bildhauer Gaston Be-
guin kam im Alter von 20 Jahren nach
Paris. Er brachte seine Künstlermappe — die
bereits Skizzen, Malereien, dekorative Studien,
Gravur- und Ciselierarbeiten enthielt — eine
Studienbörse der schweizerischen Regierung
und den festen Willen, etwas in der Bildhauer-
kunst zu werden, mit sich.

Die Ausbildung, die er bei Bourdelle genoß,
enthüllte ihm seine Persönlichkeit. Unter dem
Einfluß des unruhigen Geistes dieses Meisters
festigte sich seine gesunde und optimistische
Natur. Das dem jungen Künstler holde Ge-
schick machte ihn dann zum Schüler Maillols,
desjenigen unter den heutigen französischen
Künstlern, der von Natur aus der geeignetste
war, ihn zu verstehn. Hier erlernte er in mühe-
vollen, aber glücklichen Tagen seinen Beruf als
Bildhauer und Bildner. — Die Umstände brachen
diese nutzvollen Studien jäh ab : In vollkomme-
ner Unabhängigkeit führte Beguin sein künst-
lerisches Streben in seinem Atelier in Etange la
Ville weiter. Seine ersten Werke, die Frucht
fünfjähriger Arbeit — Statuetten, Terrakotta-
Figuren, Büsten, Flachreliefs, Aktstudien, Land-
schaften — zeugen zugleich vom erworbenen
Können und vom angeborenen künstlerischen
Sinn. — Überall finden wir denselben Frauen-

körper , dessen wechselvolle Schönheit der
Künstler zum Ausdruck bringt. Der Aufbau der
Werke ist streng, die rhythmische Abhängigkeit
der Teile, die Massenverhältnisse unter sich,
sowie die relative Wichtigkeit der Einzelheiten
sind sorgsam erwogen, und die Komposition ist
zu einem harmonischen und unendlich leben-
digen Ganzen verknüpft. Die Statuetten Be-
guins sind gleichsam von Innen nach Außen ge-
staltet. Das Äußere ist in der Tat nur ein Über-
gang von einer Form zu einer andern. Nirgends
findet man tote Stellen, die Kennzeichen der
Oberflächlichkeit so vieler Künstler. Beguin setzt
seine ganze Kraft ein, bis das vollkommene
Gleichgewicht seines Werkes erreicht ist, bis es
von jeder Seite aus vollendet erscheint. So ge-
langt er zu Wirkungen von erstaunlicher Größe.

Beguin ist ein einsam Suchender. Er entdeckt
nacheinander die Geheimnisse seiner Kunst und
diejenigen seines Temperaments; weder die
offizielle Schule, noch Theorien stören ihn. Die
Natur ist zugleich sein Beobachtungsfeld und
seine Führerin. Er ist ganz Künstler und beharr-
lich Schaffender zugleich. Wie eine gesunde
Frucht der Erntezeit nicht vorauseilt, und nur
mählich zur vollkommenen Reife gelangt, so
wird auch dieses schöne Talent sich kraftvoll
entwickeln zu schöner Fülle..... pauljacob.
 
Annotationen