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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

DOI Artikel:
Ehmke, F. H.: Handwerkliches und Geistiges
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0214

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OTTO REICHERT OFFENBACH. »SCHRIFTENTWURFE FÜR HAM iVEKOol I >rN(; AUF PKRGAMK.NTBA.NDEN«

HANDWERKLICHES UND GEISTIGES.

Es gibt keinen graduellen Unterschied zwi-
schen Akademie und Kunstgewerbeschule,
nur einen formellen. — Der Maler baut sein
Bild aus einzelnen Farbpartikeln auf. Er muß
sein Handwerk verstehen, es bewußt ausnutzen.
Da wo ihm das Höchste gelingt, schafft er unter
dem Zwang einer ihn beseelenden Idee.

Wie der Maler sein Bild aus Farben, so baut
der Buchkünstler sein Buch aus Lettern. Auch
er muß bewußt sein Handwerk ausüben. Ein
Kunstwerk entsteht aber auch nur da, wo in
dem langen Arbeitsvorgang — der Wahl von
Papier und Typen, Anordnung derselben unter
Rücksichtnahme auf den Text, der Durchbil-
dung des Satzbildes von der ersten bis zur
letzten Seite — die geistige Spannung nicht
nachläßt, die für seine endgültige und einheit-
liche Form das Entscheidende ist. . . .

Die handwerklichen Disziplinen spielen nur
eine untergeordnete Rolle neben den führenden
geistigen Ideen. Die wesentliche Aufgabe
der Schule wird es sein, ihre Schüler mit den
Grundbedingungen alles künstlerischen Schaf-
fens zu erfüllen, die für alle Gebiete der

Kunst die gleichen oder doch ähnliche sind. . . .
— Um nur ein Beispiel zu geben, sei das Ge-
biet der künstlerischen Schrift erwähnt. Ge-
wiß, das Handwerkliche ist eine Vorbedingung,
ist sogar der einzige Weg zur Meisterschaft.
Man muß schreiben, immer wieder schreiben,
sein Handwerkszeug beherrschen und in Ord-
nung haben, aber das Wesentliche dieser Schul-
übungen liegt doch nicht im Handwerklichen,
sondern in der Deutlichmachung des geistigen
Prozesses, in dem sich der schöpferische Form-
wille das widerstrebende Gerät, das spröde
Material gefügig macht, es liegt in der Klar-
legung der zum Schluß alle Kunst beherrschen-
den Gesetze von Verhältnis, Wirkung und Ge-
genwirkung horizontaler, vertikaler, schräger
und runder Linien, zusammengefaßt in 26 ver-
schiedenen Typen, die für die genannten Kunst-
regeln die knappste und prägnanteste Form
darzustellen scheinen, dabei die einfachsten und
erschöpfendsten Mittel für den Ausdruck alles
Geistigen sind.......................

AUS DER BEACHTENSWERTEN SCHRIFT F. H. EHMKP. »ZUR
KRISIS DER KUNST« VERLAG EUGEN DIEDERICHS JENA.
 
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