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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

DOI Artikel:
Corwegh, Robert: Das Palais Stourdza in Baden-Baden
DOI Artikel:
Eberhardt, H.: Zweckform und Kunstform
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0263

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Das Palais Stourdza in Baden-Baden.

in Samt und Seide, in Nischen stehen oder
ruhen, vornehm, dekadent, als schliche durch
ihre Adern das Blut tausendjähriger Ahnen-
reihe. Durch eine Alabasterplatte am Boden
dringt das Licht, unwahrscheinliche Halbhellig-
keit verbreitend, seltsame Schatten weckend
und doch wahr und echt vor diesen Erschei-
nungen einer seltsamen Märchenwelt.

Rahmen, Kulisse sind diese Räume. Jedes
Möbel, Nippes, Kleidungsstück, glänzendes
Handwerk, jede Einzelheit von Kunst berührt,
und alles doch nur wertvoll, wenn schöne
Frauen, elegante Kavaliere sie beleben. Wohl
wirken die Farben der Kissen an sich, doch die
Puppen, die sich in allen Ecken breit machen
und räkeln, sind nichts als grotesker Ersatz für
Menschen. Hier wird Modeschau abgehalten.
Durch Säle und Garten schreiten die Manne-
quins, sie die Seltenen unter den Frauen, die
gehen können. Leichtfüßig, gewandt, biegsam
in den Hüften tragen sie kostbarste Kleider, Über-
würfe. Und doch spürt man, sie tragen nur zur
Schau. Es fehlt die Selbstverständlichkeit, die
selbstsichere Einschätzung dieser bunten Dinge,

durch die Grande Dame als eine wandelbare
Hülle, wertvoll, wenn Laune es will, wertlos,
wenn die kurze Zeit des „dernierCri" vorüber ist.

Eine eigene Welt entriegeln die Tore des
Palais Stourdza, sicher unzeitgemäß; und doch
wie die schöne Frau zeitlos, alle Zeiten über-
dauernd................ ROliERT cokwegh.

£

ZWECKFORM UND KUNSTFORM. Die
reine Zweckform ist unpersönlich. Für
sie gelten bei allen Völkern dieselben Gesetze,
sie ist international. Das aber, was ihr beige-
fügt werden muß, um ihr das Merkmal der
Kunstform aufzudrücken, ist das Persön-
liche. In ihr verrät sich der Volkscharakter:
Das Zarte, das Derbe, das Warmblütige, das
Kühle, das Heitere, das Ernste, das vornehm
Elegante, das bäuerlich Vierschrötige. Die Kunst-
form zeigt die völkische Eigenart, sie schaff t den
nationalen Typus, in ihr auch zeigt sich die Höhe
des Geschmacks der Zeitperioden, sie führt zum
Wechsel des Stils. Die Dauerherrschaft derreinen
Zweckform führt zur Uniformierung, zum Still-
stand künstlerischer Entwicklung, h. f.berhardt.
 
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