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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Fischer, Otto: Ausstellung der neuen Secession in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0020

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Aiisstellung der Neuen Secession in München.

PROF. KARL CASPAR.

GEMÄLDE »HUBERTUS«

Den Eindruck von Schrei und Fanfare ge-
winnt man nur in dem ersten Saal, den man
betritt, und gerade dieser ist fast völlig den
auswärtigen Mitgliedern und Gästen eingeräumt.
Hier kreisen Molzahns theoretisch konstruierte
Farben-Feuerräder und Regenbögen, hier schwe-
ben Jawlenskys jüngste, verdünnte Impressio-
nen flüchtiger Farbgefühle, eine Wand über-
schwemmt der Werefkin rein literarische Ma-
lerei mit unerträglichem Blau, der tüchtige Pech-
stein zeigt seine Insulaner diesmal mit allzu
flüchtigem, beinah fühllosem Pinsel, und Eberz
kleidet Picassos Zirkusmenschen in etwas süßen
Farbenschmelz und Dämmer. Das Wesentliche
der Ausstellung ist aber gewiß nicht hier und
bei diesen. Auch nicht bei Grosz, bei Dawring-
hausen, bei Klee oder Beeh, die heuer fast nur
im graphischen Kabinett vertreten sind.

Bei einer entgegengesetzten Gruppe ist der
Zusammenhang mit einer älteren, teils akade-
mischen teils impressionistischen Tradition so
eng, daß die Verbindung zu dieser oft näher
scheint als die Zugehörigkeit zu der versuchenden
Problematik der Jungen. Feldbauer gehört in
die alte Secession, Püttners gediegene An-
schauung und Technik stammt von Trübner und

Leibi — auf ein feines Stilleben mit Bauklötzen
und Hampelmännern sei besonders hinge-
wiesen. Heine, der immer noch junge, ist mit
einem zarten Mädchenbild vertreten, das 1892
gemalt ist und heute noch immer modern und
gültig wirkt. Von diesen ist der Weg zu Lich-
tenbergers ernsten, dunkelschönen Nacht-
und Abendbildern aus den Steingefügen der
Ludwigstraße, der Weg zu Julius Heß gepfleg-
ten Stilleben nicht weit, in denen eine blühende
Farbenlust mit höchster malerischer Kultur und
Vornehmheit sich äußert. Hier wäre dann
Pellegrini, wäre Brüne und Großmann
etwa zu nennen, die mir aber diesmal nicht so
ganz glücklich vertreten scheinen. Und hier,
noch immer mehr am rechten Flügel der neuen
Secession, ist auch das Ehepaar Caspar auf-
zuführen: die Frau mit leuchtenden Blumen-
sträußen und frisch, tauig weitschimmernden
Landschaften glücklich vertreten, daneben der
Mann in seinem ernsten Ringen um die Gestaltung
des religiösen Bildes, das er im zuckenden
Ineinander des Innern und des Äußern, des
Kompositionellen und des Farbigen, der Land-
schaft und des beseelten Menschen zu vollenden
strebt. Seine Sibylle des Nordens, seine schwä-
 
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