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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Michel, Wilhelm: Form als Lebensverteidigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0255

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- - OTTO TH.
W.STEIN.
»LESENDER
KNABE« 1915.

FORM ALS LEBENSVERTEIDIGUNG.

Wir hören Hölderlin von den „Waffen des
Worts " reden. Wir hören ihn die Sprache
„der Güter Gefährlichstes" nennen. Wir hören
ihn von Form sprechen als von einer heldischen
Tat, die unter Lebensgefahr vollbracht wird.
Wir hören ihn den „Gesang", d. i. die Kunst-
form im Wort, preisen als Erzeugnis der be-
drohlichen Gottmacht, die als Blitz in den Dich-
ter niederfährt, von diesem aber unschädlich
gemacht und als Lied an alles Volk weiterge-

geben wird. Wir hören ihn das Ungeheuerste
zum Lobe der künstlerischen Form sagen, wenn
er in einer seiner späten Hymnen ausruft, selbst
der Gott wäre einsam in seinem Dunkel um-
sonst, „wenn zum Gesang nicht hätte ein Herz
die Gemeinde".

Ist also künstlerische Form eine Heldentat,
die kriegerisch erschafft, dann fragt sich: Wel-
ches ist der Feind, den sie bekämpft? Welches
ist das Gut, das sie verteidigt?
 
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