Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

DOI Artikel:
Sydow, Eckart von: Afrikanische Tanzmasken
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0254

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
»TANZMASKE«
MUSEUM FÜR
VÖLKERKUNDE.

AFRIKANISCHE TANZ-MASKEN.

VON ECKART V. SVDOW.

Unser europäisches Leben täuscht uns nur
zu gern mit seinen Gewohnheiten über den
Sinn und die Wertsetzung fremdländischer Ras-
sen hinweg. Und so nehmen wir diese merk-
würdigsten Dinge aus den Bezirken Westafrikas:
ihre Masken, einfach zur Kenntnis, als glichen
sie genau dem üblichen heimischen Mumen-
schanz, der unsere Gesichter entstellt und ver-
hüllt im Taumel zynischer Lustbarkeit. Doch
die nähere Betrachtung zeigt ein Anderes auf:
den vielfältigsten Ausdruck seelischer Gespannt-
heiten. Da hängen dicht nebeneinander die
Gesichter des Heißhungers und der Tollheit,
des Schmerzes und der Trauer, der Erloschen-
heit, Kraftlosigkeit und das furiose Gesicht der
Dämonie. Der Wirbel des Lebens durchpulst
sie in einem uns fassungslos überstürzenden
Maß und die Kälte des Todes durchfröstelt sie
schauerlich. Aber noch furchtbarer und er-
schreckender ists, wenn die beiden Gesichter
des Lebens und des Todes in ein und derselben
Maske zusammenwachsend gleichzeitig den
gegensätzlichen Doppelaspekt des Daseins dar-
bieten : das schwarze Antlitz mit geschlossenen

Lidern und herabhängendem Kiefer — das hell-
gelbe Gesicht mit aufgerissenen, schauenden
Augen und mit weitgeöffnetem, gierigem Mund.
Einige seltene Masken aber sind wie das Ant-
litz des Traum-Gottes selbst: breit wölbt sich
die Wange, rundet sich die hohe, freie Stirn,
halbgeschlossene Lider scheinen den Blick nach
innen zu lenken, und wie ein unendlich mildes
Lächeln spielt die seelische Regsamkeit über
die großen, sanften Flächen des Gesichtes hin,
als konzentriere sie sich von außen nach innen,
um wieder nach außen hin zu wogen und so
im ewigen Auf und Ab zu erzittern und dennoch
ruhig, gleichmaßvoll zu sein.

Doch dürfen diese anscheinend starren Kunst-
gebilde nicht als solche gelten, — die strenge
Verfestigung europäischer Prinzipientreue geht
dieser „Plastik" ab. Denn um sie herum spielt
in unregelmäßigem Faltenwurf das Verwirrende
des Behangs aus Faserstoff usw. So hebt sich
das plastische Gebilde aus der Vielfältigkeit des
Malerischen hervor, wie ein festes Eiland aus
dem Meer. Wie denn überhaupt die Wirkung
der Verkleidung durch die Bewegtheit der Leiber

228
 
Annotationen