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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 50.1922

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Bommersheim, Paul: Max Burchartz - Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.9143#0085

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MAX BCRCHARTZ.

GEMÄLDE »STILLEBEN«

MAX BURCHARTZ-WEIMAR.

VON PAUL BOMMERSHEIM.

Durch drei Strecken seines Weges hat Bur-
chartz bisher gehen müssen, die an ihren
Enden nicht schroff von einander geschieden
sind, wo auch jede schon Ausblicke zeigt auf
die Gesichte der späteren.

Zuerst hat er die Strecke zurückgelegt, die
jeder wohl anfangs einmal gehen muß, die
Periode des Umlagertseins von alten
Gestalten. Der Mensch ruht noch in seiner
inneren Abgeschlossenheit, und über ihn legt
sich die Arbeit der vorhergegangenenMenschen.
Hier der Impressionisten und vor allemCezannes.
Noch kann der Anfangende nicht die Decke
auflösen in sein eigenes Wesen. Aber doch
bricht es schon hier und da durch. Schon faßt
er manchmal die Dinge in ihrer klaren Umrissen-
heit, was er später auf höherer Ebene wieder
tun wird. Schon irgendwie wollen sich die
Dinge zu Aufbau-Ordnung zusammenschließen.
Irgendwo wuchert schon das Dunkel herein.

Und in das muß er zuerst hinab. So beginnt
die zweite Periode: die Periode des Hinab-
stiegs zum schöpf erischen Urmeer. Beim
Hinabstieg kommt man zu den Gestalten, die

sich gerade loslösen aus der Einheit des Ur-
sprungs. Die Farben des Hinabstiegs sind auch
die Farben des ersten Aufhellens der Dinge.
Das Wesen dieser gebärenden Vorwelt ist Ge-
schiebe. Geschiebe schwerer, klotziger Massen.
Das reißt sie hin und her. Raum steht erst am
Anfang seiner Ausweitung. Schrecklich lasten die
Urdinge noch auf einander. Sie haben sich un-
bedingt einzuordnen in das frühe Gebälk. . . .

Aber der Abgrund treibt weiter zur dritten
Periode, der Periode der Entfaltung aus
dem schöpferischen Urmeer........

Die Dinge kommen zu sich selber. Sie stehn
für sich. Der Pflanzenkübel steht allein auf
dem weiten Berghang. Oft steht ein Haus allein.
Und wo die Wesen Berührung haben, da ist
ihnen auch klare, scharfe Begrenzung gesetzt.

Hier erfüllt sich die Sendung der dritten
Dimension. Treten die Gestalten heraus aus
dem Geschiebe des Ursprungs, so brauchen sie
den Raum, um sich darin zu verteilen. Und sie
durchsetzen in vielen Schichten die dritte Aus-
dehnung, die Dimension der Abgründigkeit.
— Aber die Dinge treten heraus aus den Ge-

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